Mercedes‑Benz Vans und Rivian unterzeichnen eine Absichtserklärung um gemeinsam E-Transporter (Vans) zu fertigen. Vorbehaltlich der behördlichen Genehmigungen wollen die beiden Unternehmen ein Joint-Venture gründen. Ziel ist eine gemeinsame Fabrik in Mittel- oder Osteuropa, in der Vans beider Marken vom Band laufen.
Noch vor wenigen Jahren hätte ein Großer der Branche über einen Neuling nur leicht gelächelt. Heute wird kooperiert. Rivian plant für das laufende Jahr ein Produktionsvolumen von 25.000 Fahrzeugen. Aktuell fährt das Unternehmen die Produktion seines elektrischen Pick-up Trucks R1T in Normal im Bundesstaat Ilinois hoch. Mit seinem Pick-up will der Neuling dem Platzhirschen Ford (F-150) in dem Segment Marktanteile streitig machen. Doch noch wächst bei Rivian nur eins: die Schulden. Das börsennotierte Unternehmen verzeichnete im zweiten Quartal einen Verlust von 1,7 Milliarden Dollar. Der Aktienkurs ist seit Jahresbeginn um 62 Prozent gesunken. Da kommt eine großer Kooperationspartner gerade recht.
Synergien heben, doch getrennte Plattformen
Das geplante Joint Venture zwischen Mercedes-Benz Vans und Rivian spiegelt das gemeinsame Ziel wider: die Produktion von Elektrotransportern schnell zu skalieren, um die Transformation hin zu einem emissionsfreien Transportsektor voranzutreiben, heißt es in der Pressemitteilung. Die Zusammenarbeit soll operative Synergien heben und die Kosteneffizienz steigern. Doch wird kein gemeinsamer Van produziert. Der große E-Van von Mercedes‑Benz basiert auf der Plattform VAN.EA (MB Vans Electric Architecture), das US-Unternehmen nutzt die Rivian Light Van-Plattform (RLV). Weitere Optionen für Synergien in der gemeinsamen Herstellung würden geprüft.
Ab 2025 fahren alle Vans mit Stern elektrisch
Mit dem Vito E-Cell war Mercedes‑Benz Vans 2010 Vorreiter im Markt emissionsfreier Transporter. Heute können Kunden unter vier batterie-elektrischen Vans wählen: dem eVito Kastenwagen, dem eSprinter sowie dem eVito Tourer und dem EQV. Mit dem neuen eCitan und dem EQT ist bald das komplette Van‑Portfolio elektrifiziert. Die nächste Generation des eSprinter kommt 2023 auf den Markt. „Jetzt beschleunigen wir die Transformation hin zu einem rein elektrischen Produktportfolio. Ab 2025 werden alle Vans auf Basis unserer neuen Architektur VAN.EA rein elektrisch sein. Ich freue mich sehr, dass wir in dieser Transformation nun mit Rivian zusammenarbeiten – einem hochdynamischen und inspirierenden Partner mit einer starken Technologieposition“, sagt Mathias Geisen, Leiter Mercedes-Benz Vans.
Rivian: Vans für Amazon, Beteiligung von Ford
„Rivian wurde gegründet, um den Abschied von fossilen Brennstoffen attraktiv zu gestalten. Hierzu wollen wir durch das Angebot herausragender Fahrzeuge und Dienste beitragen“, sagt RJ Scaringe, CEO bei Rivian. Das 2009 gegründete Unternehmen baut mit dem R1T und R1S elektrische Pick-ups sowie SUV. Ford ist mit rund 12 Prozent an Rivian beteiligt, getrau dem Motto: “Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden näher”. Es war sogar eine gemeinsame Entwicklung neuer E-Fahrzeuge vorgesehen. Das hat sich Ford inzwischen anders überlegt.
Doch ein weiterer Deal des jungen Unternehmens beflügelt die Fantasie der Investoren: Amazon bestellte 100.000 Versionen des elektrischen Transporters EDV. Das steht für Electric Delivery Van, der bereits in den USA für Amazon im Einsatz ist. Das volle Bestellvolumen soll bis 2030 geliefert werden. Parallel dazu entwickelte Rivian eine Software für das Flottenmanagement der Lieferfahrzeuge. Rivian verspricht, das sich mit FleetOS die Gesamtbetriebskosten und die Auslastung der Transporter über ihren Lebenszyklus hinweg signifikant optimieren lässt. An dieser Software dürfte auch Mercedes-Benz Vans interessiert sein.