Schluss mit einfach Strom laden! Aus 34 Cent pro Kilowattstunde – immer und überall, werden bei Maingau Energie 37,04 Cent für Wechselstrom und 46,79 Cent für Gleichstromladungen. Ein Plus von 38 Prozent beim Schnellladen. Die Standzeitzuschläge bleiben identisch.
Doch der hessische Energieanbieter will nicht länger draufzahlen. Das gilt insbesondere für die HPC-Ladesäulen von Ionity. Hier steigt der Preis ab dem 1. September 2020 auf 73,11 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Knapp unter dem offiziellen Ionity-Preis von 77 Cent. Die krummen Summen sind der Mehrwertsteuersenkung auf 16 Prozent geschuldet. Das wird ab dem 1.1.2021 wieder anders.
Maingau Energie hat sich mit einem einfachen Ladetarif einen Namen und damit auch eine weite Verbreitung in der E-Auto-Community erarbeitet. Die jetzige Anpassung war nur eine Frage der Zeit. Denn Ionity hatte bereits Anfang Februar 2020 den Preis auf 79 Cent pro kWh erhöht.

Günstige Ladepauschale
Die Preiserhöhung wirkte wie ein Schlag ins Gesicht der Tesla Model 3-Fahrer. Neben der Ladegeschwindigkeit sprach auch die Ladepauschale von acht Euro für den Stopp an den Säulen mit dem Vogel. Vorausgesetzt man lud 50 kWh, kostetet eine Kilowattstunde nur 16 Cent. Die Gesellschafter von Ionity, die deutschen Automarken BMW, Mercedes-Benz, Audi und Porsche, aber auch Ford, wollten den US-Elektroautohersteller nicht länger unterstützen. Dabei hatte Ionity zu dem Zeitpunkt gerade mal die Hälfte der geplanten 400 Ladestationen in Betrieb. Von Marktdurchdringung konnte keine Rede sein.
Natürlich geht es darum, irgendwann Geld zu verdienen. Schließlich kostet eine einzelne Schnellladesäule einen sechsstelligen Preis. Hinzu kommen die Kosten für Transformatoren und den Anschluss ans Stromnetz. Doch die Preiserhöhung dürfte das Wegbleiben der Model 3-Fahrer nicht kompensieren. Es fehlt schlicht die Masse bei den Modellen der Gesellschafter-Marken. Zudem: Wer mit Audi-, Mercedes-, BMW- oder Porsche-Ladekarte unterwegs ist, zahlt nur im Bereich von etwas über 30 Cent pro kWh. Wer nun mit 79 bzw. aktuell 77 Cent zur Kasse gebeten wird, dürfte einen Bogen um Ionity machen. Zumal die Säulen meist an Autorasthöfen entlang der Autobahnen stehen, wo Wettbewerber vertreten sind.
Ionity: Gesellschafter-Modelle bevorzugt
Werfen wir einen Blick auf die Stückzahlen der Elektroautos, die derzeit auf den Straßen sind. In Deutschland sind das in Summe aktuell rund 200.000 Stück. Ich habe die Top 20 aus den Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes von 2018 bis Juli 2020 addiert. Danach sind vor allem Renault Zoe (1.) und Tesla Model 3 (5.) unterwegs. Die Smarts und BMW i3 (Platz 2. und 3.) dürften vor allem in den Flotten von Drive Now unterwegs sein.
Lediglich der eGolf (4.) hat noch nennenswerte Stückzahlen im Markt, wovon einige sicherlich in der WeShare-Flotte fahren. Die echten Langstrecken E-Autos wie Audi e-tron, Mercedes-Benz EQC und Porsche Taycan findet man in den Top 20 auf den Plätzen 7, 17 und 18. Wobei der teure Porsche Taycan mit 1.458 Fahrzeugen für die Sportwagen-Marke ein Riesenerfolg ist.
Nennenswerte Stückzahlen im Markt haben noch Hyundai und Kia. Der koreanische Konzern will sich an Ionity beteiligen, doch noch wartet man auf grünes Licht aus Brüssel. Sollten sie Ionity-Gesellschafter werden, wird es spannend, welche Ladetarife Hyundai/Kia seinen Kunden anbietet. Aber aktuell dürften die Fahrer von Kona Elektro, Ioniq, eSoul und eNiro einen Bogen um Ionity-Ladesäulen machen.
Modell | Stückzahl | |
1. | Renault Zoe | 25.708 |
2. | Smart gesamt | 18.869 |
3. | BMW i3 | 16.512 |
4. | VW eGolf | 15.274 |
5. | Tesla Model 3 | 13.534 |
6. | Hyundai Kona | 7.589 |
7. | Audi e-tron | 7.467 |
8. | Nissan Leaf | 6.195 |
9. | Kia eSoul | 6.166 |
10. | Hyundai Ioniq | 4.330 |
11. | Tesla Model S | 2.656 |
12. | Mini Copper SE | 2.056 |
13. | Skoda Citigo | 2.007 |
14. | Kia eNiro | 1.751 |
15. | Tesla Model X | 1.726 |
16. | Jaguar I-Pace | 1.531 |
17. | Porsche Taycan | 1.458 |
18. | Mercedes-Benz EQC | 1.323 |
19. | Nissan EV200 | 1.047 |
20. | Opel Corsa-e | 860 |
Ladetarife werden komplexer
Die aktuelle Preiserhöhung ist für das junge Pflänzchen Elektromobilität problematisch. Mit dem Preisanstieg werden Ladetarife auch komplexer. Nach zwei Preisen kommen nun immer öfter weitere Elemente hinzu: einmaliger Kartenpreis, monatliche Grundgebühren, Standzeiten sowie Kilowattpreise für AC- und DC-Anschlüsse.
Ein Blick auf die Ladetarife von WeCharge verdeutlicht, warum Leute beim Elektroauto abwinken. Hier richtet sich der Tarif nicht nur nach der Monatsgebühr, sondern auch danach welches E-Auto aus Wolfsburg man fährt. Wie teuer Laden an öffentlichen Säule in Deutschland wird, verrät die Tabelle nur ungefähr. Es wird der Preis des Ladesäulenbetreibers berechnet – plus einen Aufschlag von 29 Cent, wenn man keine monatliche Gebühr bezahlt. Das macht die Kalkulation der Betriebskosten nicht gerade einfacher.

Günstige Lade-Alternativen
Wo soll man jetzt noch günstig laden? Auch Wettbewerber EnBW hat seine Preisstruktur mit Einführung eines Standard- und Viellader-Tarifs komplexer gemacht. Dabei kommt man mit der Mobility+ App bzw. der Ladekarte als E-Autofahrer am weitesten, so der Charging-Radar von Cirrantic.
Etwas einfacher gestrickt ist immer noch die ADAC-Ladekarte. Mitglieder zahlen für ihre erste Karte keine Freischaltgebühr und auch keinen monatlichen Grundtarif. Laden an AC-Säulen kostet 28,27 Cent und an DC-Säulen 38,02 Cent. Mal sehen wie lange noch, denn hinter dem Angebot steckt EnBW. Etliche Beobachter des Marktes gehen davon aus, dass nach einer Schamfrist auch EnBW seine Preisen von 38,02 Cent (AC) und 47,77 Cent (DC) plus 9,65 Euro für die Ausstellung der Ladekarte nach oben anpassen wird.
Für E-Fahrer empfehle ich die App Moovilty, da sie für jede öffentliche Ladesäule ein Preisbeispiel der günstigsten, akzeptierten Ladekarten anzeigt. Warum sich der Kilowatt-Preis nach der Karte richtet, mit der man zahlt, will nur wenigen in den Kopf. Man stelle sich das mal bei klassischen Tankstellen vor …