Proberunde im Wasserstoff-Truck Nikola

Nikola

Absolut leise und kraftvoll beschleunigt der Sattelschlepper Nikola im Wohngebiet im Westen Las Vegas. Die Nachbarn dürften dankbar sein, dass fast nichts zu hören ist und keine dunklen Rauchwolken den Auspuffen entweichen. Beim Nikola entweicht höchstens etwas Wasserdampf.

Die Zugmaschine produziert aus gasförmigem Wasserstoff und Sauerstoff der Umgebungsluft elektrische Energie. Die treibt den 200 kW E-Motor an und in der Führerkabine spürt man die typisch sportliche Beschleunigung eines E-Fahrzeugs. Damit es wirklich flott losgeht, man überholen kann oder auch mit einem Auflieger eine Steigung hochkommt, helfen zwei 82 kWh-Batterien mit zusätzlicher Energie. Sie nehmen auch die Energie aus der sechsstufigen Rekuperation wieder auf. „Wenn ein 40 Tonner über mehrere Kilometer bergab rollt, braucht man schon einiges an Speichervolumen„, sagt Christian Appel. Der Deutsche ist Global Head Produkt- und Projekt-Management bei Nikola. Er sitzt während unserer Proberunde in Las Vegas am Steuer.

Bis zu 800 km Reichweite

Hinter der Fahrerkabine sind fünf Tanks mit jeweils 14 kg Fassungsvermögen für Wasserstoff verbaut. Das Gas wird darin mit 700 bar Druck gespeichert. Damit soll der Class 8-Truck, was einem 40 Tonner entspricht, bis zu 800 km (500 Meilen) weit kommen – mit beladenem Auflieger. Seine Tauglichkeit in der Praxis muss Nikola noch unter Beweis stellen. Die Werkshalle in Coolidge in Arizona verließen seit Juli 2023 insgesamt 43 Zugmaschinen. 35 wurden bereits an Kunden ausgeliefert. Geplant sind laut Appel mehrere hundert Stück pro Jahr. Auch in den USA ist das Wasserstoff-Tankstellen-Netz noch extrem lückenhaft. An der Ost- und Westküste gibt es eine handvoll Zapfsäulen, doch dazwischen sieht es in dem großen Land noch „düster“ aus. Es ist das typische Henne-Ei-Dilemma.

Schwieriger Start

Nikola nutzt von Iveco den „Body in White“ der Zugmaschine und passt sie den eigenen Anforderungen an. Es gab mal ein Joint Venture mit dem europäischen Hersteller. Das wurde inzwischen aufgekündigt. Iveco führt das Projekt in Europa in Eigenregie weiter. Das 2014 gegründete US-Start up hat einen turbolenten Start hinter sich. Im Herbst 2022 wurde Gründer Trevor Milton in mehreren Betrugsfällen von einem US-Gericht für schuldig befunden.

Das verbliebene Team macht weiter und arbeitet daran, Wasserstoff bei schweren Nutzfahrzeugen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Brennstoffzelle liefert Nikola nicht selbst, sondern bezieht sie von Bosch. Laut Appel bestehen bei der Weiterentwicklung des Trucks drei Herausforderungen:

  • Skalierung: Preise (TCO) können nur sinken, wenn Wasserstoff-Trucks in größeren Stückzahlen produziert werden.
  • Robustheit: Die Brennstoffzelle muss im harten Einsatz eines Truck noch robuster werden.
  • Effizienz: Die Effizienz beim Einsatz von Wasserstoff in der Brennstoffzellen muss weiter verbessert werden, damit die Reichweite steigt.
[crp]
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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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