Audi A6 Sportback Performance: Langstreckenkomfort trifft auf Lade-Power

Audi A6 Sportback performance

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die einen am Auto begeistern. Beim elektrischen Audi A6 in der Sportback Performance-Version sind es die Gurt-Stecker auf der Rückbank. Jeder fuhr schon mal in einem fremden Auto mit. Dann sitzt man hinten, es ist bereits dunkel und das Anschnallen ist so eine Sache. Den Gurtstecker bekommt man noch gegriffen, aber wo ist das verdammte Ding, in das der Stecker rein muss? Das Gesuche und Gefummel geht los. 

Nicht so in dieser Limousine. Hier leuchtet ein feines, weißes LED-Band rund um den roten Druckknopf des Gurtschlosses. Sehr gut sichtbar. Das ist eine praktische Hilfe und das Ende der peinlichen Sucherei in fremden Autos. Einige Leser werden die Nase rümpfen und sagen: „Das braucht doch kein Mensch und wenn nur selten…“ oder „Das darf man in einem knapp 100.000 Euro teuren Auto wohl erwarten.“ Eben nicht. Ich kann Euch aus meinem Testeralltag sagen, es ist nicht die Regel. 

Audi A6 Beleuchtete Gurtschlösser
Beleuchtete Gurtschlösser auf der Rückbank

Stoff statt Glas

Im Gegensatz zum Q6 liebe ich beim A6 die Karosserieform. Ich bin ein ewiger Limousinen-Liebhaber. Die tiefere Sitzposition in Straßennähe gefällt mir deutlich besser als der „hohe Bock“ eines SUV. Allerdings stelle ich im A6 Sportback eine Einschränkung fest. Ich liebe es vor allem mit einem Panoramaglasdach. Das Tageslicht sorgt für gute Stimmung im Inneren und einem Gefühl von Weite. Das fehlt in meinem Testwagen. Natürlich gibt es als Option (2.300 Euro) das Glasdach mit sogenannter PDLC-Technologie (polymerdispergierter Flüssigkristall). Dabei lassen sich einzelne Streifen im Glas milchig und damit blickdicht schalten. 

Bei mir schwebt ein schwarzes Stoffdach über dem Kopf. Das wirkt mitunter etwas bedrückend, da der Wagen mit einer Höhe von 1,49 m sportlich flach ist. Die Heckscheibe ist nur ein Sehschlitz und auch die Frontscheibe wirkt flacher als anderen Autos. Und der Hersteller verzichtet auf die sonst üblichen Haltegriffe im Dach. Dafür sind die Sitze bequem und bieten ausreichend Beinfreiheit. Dafür sorgt unter anderem ein Radstand von 2,95 m. Hier fehlt nur noch eine Massagefunktion. Die habe ich auf langen Strecken im Polestar 3 lieben gelernt. 

Audi A6 Sportback
Fährt sich sportlich, lädt aber genauso sportlich an der HPC-Ladesäule

Wie ein Sportwagen

Beim A6 Sportback hat man das Gefühl in einem Sportwagen zu sitzen. Ein cW-Wert von 0,21 spricht schon auf dem Papier dafür. Die tiefe Sitzposition senke ich mit dem Efficiency-Fahrmodus noch einige Millimeter nach unten. Das Gefühl beginnt schon beim Einsteigen. Reinsetzen, Gangwahl auf D und los. Der noch vorhandene Start/Stopp-Knopf ist eigentlich überflüssig. 

Ein Tipp zum Einsteigen: Mit der Bewegung ins Auto muss man als Fahrer direkt mit der linken Hand in die Türverkleidung greifen und beim Hinsitzen die Tür ranziehen. Warum? Weil man sonst nicht mehr an die Vertiefung in der Türinnenseite kommt. Sitzt man erst mal und die Tür ist vollständig geöffnet, hat man keine Chance, mit seiner Hand die Tür zuzuziehen.

Auf der Autobahn ist der Audi A6 dann eine große (Fahr-)Freude. In engen Bergdörfern und knappen Parklücken ist er eine Herausforderung. Mit 4,93 m Länge und 2,14 m in der Breite mit Spiegeln macht das Einparken oder eine Baustellenspur auf der Autobahn wenig Spaß. 

Audi A6 Beifahrerdisplay
Der Beifahrer bekommt im Audi A6 seinen eigenen Bildschirm

Dritter Bildschirm

Der Audi A6 bietet dem Beifahrer auf Wunsch einen eigenen Bildschirm. Das ist enorm praktisch. Kein Hinüberlehnen, um eine Route oder eine Playliste in Spotify im mittleren Display auszusuchen. Für einige Inhalte über verbundene Smartphones muss zunächst der Fahrer seine Zustimmung geben. Aber ansonsten kann der Beifahrer alles mögliche auf seinem Bildschirm tun und ansehen. Über Amazon Prime kann er oder sie sogar einen Film schauen. Dabei wird der 10,9 Zoll große Bildschirm in einen Privacy Mode geschaltet, so dass der Fahrer nichts mehr erkennt und nicht abgelenkt ist.

Fliegende Temposchilder

Der soll seine Augen auf der Straße lassen. Dabei unterstützt ihn ein Head-Up-Display. Hier werden Navigationsangaben als auch erlaubtes Tempo angezeigt. Der Clou: Die rot-weißen Temposchilder fliegen auf mich zu, bevor sie ihren festen Platz unten rechts einnehmen. Das ist ein cooler Effekt – wenn´s funktioniert. Auf einem Autobahnteilstück der A9 ist das System verwirrt. In kurzer Folge fliegt das Symbol der Geschwindigkeitsaufhebung wiederholt auf mich zu, bleibt aber nicht an der gewünschten Stelle stehen. Der Vorgang wiederholt sich ein halbes Dutzend Mal. Auf der Straße sehe ich auch nicht das weiße Schild mit den diagonalen Linien. Das muss ein Bug in den Kartendaten sein. 

Ebenfalls nervig sind die dicken roten Abstandsbalken, wenn ich dem Vorausfahrenden zu dicht auffahre. Ja, wir haben in der Fahrschule gelernt: Halber Tacho in Metern als Abstand. Aber sag das mal jemand den Italienern! Das wird wohl in dortigen Fahrschulen anders unterrichtet. Auf der Brennerautobahn habe ich sofort jemanden von rechts vor mir, sobald ich mehr Abstand lasse. Meine Lösung: Ich aktivieren den adaptiven Abstandstempomaten und stelle meinen Wunschabstand auf gering (1). Jetzt regelt das Auto alles allein und zeigt mir keine roten Balken mehr. Von den Assistenten bin ich sowieso schwer begeistert.

Audi A6 Sportback
Aktivierter Abstandstempomat: Entspanntes Fahren mit Assitenten

Unzählige Menü-Optionen

Doch um die und alle anderen Funktionen zu verstehen, muss man sich die Zeit nehmen und im Stehen alle Optionen der Menüs einmal durchgehen. Audi bietet dem Nutzer unzählige Möglichkeiten der individuellen Anpassung. Soll ein erkanntes Tempolimit automatisch oder mit Bestätigung übernommen werden? Soll der Wagen die Geschwindigkeit vor einem Kreisverkehr reduzieren, wenn der Assistent aktiv ist? Soll die Einstellung zum Abstand zum Vorausfahrenden gespeichert werden?

Aber mein liebster Shortcut ist die Stern-Taste am Lenkrad. Die kann man nach seinen Wünschen belegen. Drei Mal dürft ihr raten… richtig, der Tempowarner. Neuwagen müssen direkt nach Überschreiten des aktuellen Tempolimits (also bei einem km/h drüber) optisch und akustisch den Fahrer warnen. Eigentlich richtig so, aber mit 52 in einer 50er-Zone wird man häufig zum Verkehrshindernis. Also schalte ich diesen Warnton über die Stern-Taste ab.

Audi A6 Sportback Menü
Das Menü hält etliche Individualisierungsoptionen bereit

Lade-Power für kurze Stopps

Die größte Verbesserung beim A6 hat nichts mit dem Fahren, sondern mit dem Stehen zu tun. Besser gesagt dem Laden. Die Ladepausen sind deutlich kürzer geworden, dank der 800 Volt Batteriespannung der PPE-Plattform. Laut Broschüre werden bis zu 270 kW erreicht. Bei meiner Testfahrt sehe ich durchaus mal 258 kW für einige Minuten. Ja, das Navi kannte alle Ladestopps auf der Route. Somit war die Batterie vorkonditioniert. An einem Reisetag, auf dem man 1.100 km (mit drei Fahrern) von Südtirol nach Norddeutschland vor sich hat, sind kurze Ladestopps das A und O mit einem E-Auto. 

Audi A6 Sportback Ladesäule Ladeleistung
Bei MBLTY geht die Ladeleistung für den Audi A6 bis auf 258 kW.

Positiv: Das Angebot an HPC-Ladern (>150 kW) ist inzwischen in Deutschland flächendeckend entlang der Autobahnen. Negativ: Manche Stationen sind ein einem erbärmlichen Zustand. Bei einer MBLTY-Station liegt das lange Kabel auf dem Boden. An einer Stelle ist schwarzes Klebeband um das Hochvoltkabel gewickelt. Ich habe mich nicht getraut, es anzufassen, um zu sehen, ob da wirklich etwas „geflickt“ wurde. In Landshut ist an einer Station, die mit 150 kW Ladeleistung in den Apps verzeichnet ist, jedoch nur 50 kW liefert, der CCS-Stecker-Griff abgebrochen – und das nicht erst seit gestern. Die Neogy-Säule in Südtirol akzeptiert die Maingau-Ladekarte nicht, obwohl sie in der Maingau-App angezeigt wird. Ok, QR-Code scannen. Der wird immerhin nur auf dem Display der Ladesäule angezeigt, kann also nicht mit einer Fälschung überklebt worden sein. Doch dann im Formular auf dem Smartphone bei schlechtem Mobilfunkempfang meine Adress- und Bezahldaten einzutippen, ist ein Pain in the A… Ernsthaft, wenn wir wollen, dass Elektromobilität im Massenmarkt eine Chance hat, muss das um Längen einfacher werden.

Defekte an Ladesäulen
Abgebrochener Griff beim CCS-Stecker, Klebeband um ein Hochvolt-Ladekabel

Erstaunliche Reichweitenangaben

Doch statt mich weiter aufzuregen, werfe ich im morgendlichen Sonnenlicht einen Blick auf meinen Testwagen. Auf der Seite fällt bei dem weißen Audi A6 ein schwarzer Kunststoffstreifen am unteren Rand auf. Es soll zeigen: Hier sitzt die Batterie. Die hat in der Performance-Variante 100 kWh (brutto), von denen 94,9 kWh nutzbar sind. Die WLTP-Reichweite wird mit 694 km angegeben. Ein verlockender Wert. Doch die Realität sieht anders aus. Nach einem vollständigen Ladezyklus auf 100 Prozent zeigt mit der Fahrerbildschirm eine Reichweite von 500 km an. 194 km oder 28 Prozent weniger als in der Broschüre. Im beigelegten Datenblatt zum Fahrzeug ist sogar von einer kombinierten Reichweite von bis zu 756 km die Rede. Erstaunlich. Dabei haben wir zwischen 15 und 20 Grad Celsius, es ist trocken und meine Fahrweise ist moderat. Ich fahre schon mal 140 km/h auf der Autobahn, die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h konnte ich nirgends ausprobieren – zu viel los, zu viele Baustellen oder Tempolimits. Eine derartige Diskrepanz zwischen Broschüre und Realität dürfte bei manchem Neueinsteiger in die Elektromobilität zu Enttäuschungen führen.  

Audi A6 Sportback Neogy Cyprianerhof
An der Neogy-Ladesäule in Italien lässt sich der Ladevorgang nur über den QR-Code starten

Verbrauch von 20,4 kWh

Audi A6 Sportback Verbrauch

Damit sind wir beim Verbrauch. Laut Herstellerangabe benötigt das 2.250 kg schwere Fahrzeug mit seinem 270 kW Heckmotor auf 100 km 15,9 kWh. Bei 94,9 kWh wären damit rund 600 km drin. Wie gesagt, mir werden nur 500 km angezeigt. Am Ende eines langen Fahrtages, an dem wir mit drei Fahrern 1.100 km gefahren sind, zeigt die Statistik einen Verbrauch von 20,4 kWh auf 100 km. Das waren zu fast 100 Prozent Autobahn, auch wenn in Italien und Österreich strengere Tempolimits gelten. Somit benötigen wir vier Ladestopps, wobei der vierte zum Erreichen des Ziels nicht notwendig gewesen wäre. Hier ging es darum für den kommenden Tag ausreichend Energie zu haben. 

Die Ladestopps stören mich überhaupt nicht. Zum einen möchte ich mindestens alle 300 km anhalten und mir die Beine vertreten, was trinken, zur Toilette gehen oder mit dem Hund eine Runde laufen. Zum anderen ist bei der beschriebenen Ladeleistung der Audi A6 stets vor mit fertig, sprich bei 80 Prozent Ladezustand. Standardwert sind 21 Minuten von 10 bis 80 Prozent.

Projektion für Fußkick

Noch so ein praktisches Ding, wie die eingangs erwähnten Lichter an den Gurtsteckern ist die LED-Leiste unterhalb der Frontscheibe. Die hat man schon mal in den ID-Modellen von VW gesehen. Audi zeigt hier beispielsweise den aktiven Blinker in grün an. Oder die Leiste füllt sich langsam beim Laden und der beleuchtete Teil vermittelt den optischen Eindruck, wie voll die Batterie bereits ist. 

Komme ich mir vollen Händen zum Auto, liebe ich den Fußkick unter den Stoßfänger zum Öffnen des Kofferraums. Bei meinem Audi A6 zeigt eine weiße Lichtprojektion auf dem Boden sogar an, wo genau man den Fußkick platzieren muss. Der Kofferraum in der Sportback-Version fasst 503 Liter. Für unserer Koffer und Taschen bei einer Woche Berg-Wander-Urlaub hat der Raum vollkommen ausgereicht. Unter den Kofferraumboden geht allerdings nichts mehr. Hier sind das Notfallset sowie der Subwoofer der Bang & Olufsen Soundanlage untergebracht. Als einer der wenigen deutschen Autohersteller nutzt Audi den gewonnen Raum in der Front für ein Staufach. Im Frunk unter der Fronthabe stehen 27 Liter zur Verfügung. Für das Typ 2 Ladekabel reicht das allemal. Wobei ich mich frage, warum ich das noch mitführe. Auf langen Fahrten braucht man es eh nicht. Zum Start springt Audi bei der Wechselstrom-Ladeleistung zu kurz. Es werden nur die üblichen 11 kW angeboten. Die Option für 22 kW folgt später. Anders als beim Audi e-tron GT sind die Ladeanschlüsse nach hinten gewandert. Aber es gibt noch immer die Option für einen AC/DC-Anschluss auf der linken Seite und einen AC-Anschluss für Laternenparker auf der rechten Seite.

Audi A6 Sportback
Beim AC-Laden geht der grüne Ladebalken bis 24. Ein Hinweis auf die kommende Erweiterung auf 22 kW Ladeleistung.

Fazit

Der A6 Sportback Performance ist das perfekte E-Auto für Menschen, die häufig lange Strecken fahren. Komfortabel und schnell ladend. Da bleibt nur die alles entscheidende Frage: Was kostet der Spaß? Ein Audi A6 e-tron beginnt bei 62.800 Euro, die Performance-Variante startet bei 75.600 Euro. Mein Testwagen hat ein Preisschild in Höhe von 96.375 Euro, was unter anderem an Optionen wie der Exterieur S Line, Sportsitzen, Tech pro und MMI Experience Pro liegt.

Audi A6 Sportback Frunk
27 Liter Stauraum bietet der Audi A6 unter der Fronthaube

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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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