Tesla Fabrik: Hier entstehen die Model X und S

Ich möchte in die Tesla Fabrik, doch meine Reise für eine Magazinreportage beginnt an Teslas Zentrale im kalifornischen Palo Alto. Doch vom Zauber des Silicon Valleys mit seinen großen Namen der Digitalbranche ist hier nichts zu sehen. Deutschlands Software-Vorzeigeunternehmen SAP hat eine Niederlassung auf der gegenüberliegenden Seite der Deer Creek Road, ansonsten sind hier nur Felder, Wälder und Weiden. Der direkte Nachbar von Tesla ist ein Reitstall. Pferde, Pferdestärken, Autos… ok, lassen wir die Wortspiele.

Picknick auf dem Mars Hill

Tesla Mars Hill an der Zentrale in Palo Alto
Mars Hill heißt der Hügel an der Tesla-Zentrale

Der Firmenparkplatz an der Zentrale ist übervoll. Ich stehe in dritter Reihe in einer engen Gasse. Kommt noch jemand nach mir, werde ich heute hier nicht mehr wegkommen. Das schmucklose zweistöckige Bürogebäude ist uninteressant und so folge ich dem Schild zum „Mars Hill“. Auf dem Hügel stehen Picknickbänke und ein Gemüsegarten. Der Name ist eine Anspielung auf Elon Musk anderes Unternehmen, Space X, mit dem er den Mars besiedeln will. Musk ist ein Meister der Eigenwerbung: Beim Flug seiner Falcon Heavy Rakete im Februar 2018 nimmt er als Nutzlast nicht einfach einen Betonblock, sondern einen seiner Tesla Roadster. Der offene Zweisitzer schwebt seitdem durchs All und ist ein gelungener Werbegag für Tesla.

Aus Nummi wird die Tesla Fabrik

Bei der Zentrale gibt es nicht viel zu entdecken. Es ist halt ein typisches Bürogebäude. So fahre ich die 45 Minuten über die Interstate 880 in Richtung Norden nach Fremont. Schon von Weitem ist der Tesla-Schriftzug an den Hallen am Fuße der Mission-Peak-Berge zu erkennen. An dieser Stelle werden bereits seit 1962 Autos gebaut. Erst von General Motors (GM), dann ab 1982 zusammen mit Toyota unter dem Namen New United Motor Manufacturing, Inc. (NUMMI). Im Frühjahr 2010 rollte der letzte Toyota Corolla vom Band. Die Finanzkrise hat die Autoindustrie fest im Griff. GM rutscht sogar in die Insolvenz. Ein Glücksfall für Musk. Er übernimmt 2010 für 42 Millionen Dollar das 150 Hektar große Gelände samt Teststrecke und Produktionshallen.

Tesla Fabrik
Die Tesla Fabrik in Fremont am Fuße der Mission-Peak-Berge

Thunderbird und Cyclops bei der Arbeit

Tesla Roadster
Testfahrt mit einem Tesla Roadster. Genaus so ein Auto hat Elon Musk mit seiner Falcon Heavy Rakete als Nutzlast ins All geschossen.

Teslas erster Elektrowagen, ein zweisitziger Roadster, wurde noch bei Lotus in Großbritannien gefertigt. Jetzt hat der Start-up-Unternehmer, der ein Vermögen mit dem Bezahldienst PayPal machte, eine eigene Fabrik vor der Haustür. Musk modernisierte die Hallen zunächst für die Model S Produktion. Heute ist die Tesla Fabrik taghell, überall, wo Menschen arbeiten, stehen Pflanzen. Der Boden ist blitzblank. Staunend schaue ich Wolverine, Cyclops und Thunderbird bei der Arbeit zu. Lautlos heben die Roboter die Autos von der oberen auf die untere Montageebene. Insgesamt 580 der unheimlichen Maschinen schweißen, nieten, kleben und tragen Bauteile, die größten Roboter sind nach den Helden aus den „X-Men“-Comics benannt. Musk hat ein Faible für Popkultur, inzwischen gehört er ja selbst dazu. Er diente Schauspieler Robert Downey Jr. als reales Vorbild für seine Rolle des exzentrischen Milliardärs Tony Stark in den „Iron Man“-Filmen. In Teil zwei hat Musk einen Kurzauftritt am Rande der Rennstrecke von Monte Carlo.

Detroits Erbe

Am Anfang der Autoproduktion in der Tesla Fabrik steht eine Maschine, die sieben Stockwerke hoch ist. Es ist die größte hydraulische Presse in Nordamerika. Mit bis zu 4500 Tonnen Pressdruck formt sie aus Aluminium Autodächer und Heckklappen. Wenn sie arbeitet, können die Wissenschaftler im seismografischen Institut der Universität von Berkeley den Ausschlag auf ihren Geräten sehen, erzählt man sich in der Fertigung. Genau wie die Fabrik kaufte Musk die Presse gebraucht, sie stammt aus der ehemaligen US-Autometropole Detroit. Der Verkäufer schätzte den zeitlichen Aufwand für Zerlegung, Transport und Installation auf zwölf Monate. Musks Ingenieure schafften es in vier. Die Roboter setzen die Metallteile aus der Presse zu Karosserien zusammen. Nach der Lackierung laufen Model S und Model X auf einer gemeinsamen Fertigungsstraße. Computergesteuerte Smart Carts bringen die schweren Batteriepacks zum Fließband. Nachdem diese in den Boden eingesetzt sind, montieren Menschen die Räder und statten das Auto innen aus. Am Ende steht eine Qualitätsprüfung.

In der Produktionshölle

Dabei fielen zu Beginn etliche Modelle der X-Reihe durch. Es gab Probleme mit den Flügeltüren (Falcon Wings), die anfänglich dafür vorgesehenen Hydraulikantriebe verloren Öl und liefen heiß. Tesla musste den Lieferanten wechseln. Aber auch andere Bauteile sorgten für Verzögerungen. Das soll sich später bei der Model 3-Produktion wiederholen. Obwohl das Auto deutlich simpler konstruiert ist und die Erstbesteller außer der Farbe kaum etwas auswählen können, spricht Elon Musk von der „Produktionshölle“. Im dritten Quartal des Jahres 2017 werden gerade mal 220 Model 3 an Kunden ausgeliefert – geplant waren 1.500. Im ganzen Jahr 2017 werden nur 1.764 Model 3 ausgeliefert. Schuld ist angeblich in erster Linie der Produktionspartner Panasonic, der in der Gigafactory bei Sparks in Nevada die Batteriezellen in einem neuen, größeren Format zu Batteriepacks zusammensetzt. Die Situation entspannt sich erst Anfang 2018 ein wenig. Im ersten Quartal werden 8.180 Model 3 ausgeliefert. Tesla arbeitet unter einem Vergrößerungsglas, denn schließlich soll das Model 3 den Massenmarkt für Elektroautos bereiten. Doch von den geplanten 5.000 Model 3 pro Woche, ist man noch in der Tesla Fabrik noch weit entfernt.

Tesla Fabrik Model X

Autopilot im Model X

Nach der Tour durch die Hallen in Fremont, darf ich mit einem Model X eine Testfahrt machen. Es gehört einige Überwindung dazu, dem Auto die Kontrolle zu überlassen. Doch die Kameras, Radar- und Ultraschallsensoren erkennen die Fahrspur und alle anderen Wagen. Problemlos steuert das Elektroauto über den Freeway in Richtung San José und hält ausreichend Abstand. Das Antippen des Blinkers aktiviert einen automatischen Spurwechsel. Bis zum autonom fahrenden Auto ist es zwar noch ein weiter Weg, doch schon so kommt man deutlich entspannter ans Ziel. Für mich geht es per Flugzeug vom Flughafen San José nach Los Angeles, um genauer zu sein in den Stadtteil Hawthorne. Hier steht auf dem Gelände von Space X das Tesla Design Center. Am nächsten Abend präsentiert hier Elon Musk das Model 3.

Tesla Model 3 Präsentation
Tesla präsentiert im März 2016 sein Model 3 in Los Angeles
[crp]
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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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