“Wir können uns fehlgeleitete Subventionen schlicht nicht mehr leisten“, sagt Finanzminister Christian Lindner der Welt am Sonntag: “Wenn es nach mir geht, werden zum Beispiel die Kaufprämien für Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride gestrichen. Die Autos werden bisher über die Lebensdauer teils mit bis zu 20 000 Euro subventioniert, auch für Top-Verdiener. Das ist zu viel. Da können wir Milliarden sparen, die wir sinnvoller einsetzen können.“
Seine Worte überraschen und verunsichern. Der eigentliche Umweltbonus gilt bis zum 31.12.2025. Die Innovationsprämie, also die Verdoppelung des Bundesanteils auf bis zu 6.000 Euro pro E-Auto, endet bereits am 31.12.2022. “Die Hersteller von E-Fahrzeugen und ihre Kunden verlassen sich darauf. Ein abrupter Wegfall der E-Auto-Prämie würde daher einen schweren Vertrauensbruch bedeuten. Allein die Diskussion über ein Ende der Kaufprämien für Elektrofahrzeuge führt schon gegenwärtig zu massiver Verunsicherung. Die Bundesregierung sollte diese Spekulationen umgehend beenden”, sagt Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK).
E-Auto kommt nicht mehr rechtzeitig für die Innovationsprämie
Bei Lieferzeiten von mehr als sechs Monaten ist klar, das ein neues E-Auto erst 2023 geliefert und auch angemeldet wird. Das Zulassungsdatum ist entscheidend für den Umweltbonus samt Innovationsprämie. Somit überdenken bereits jetzt potentielle Käufer ihre Entscheidung. Insbesondere bei Leasingverträgen wird eine Sonderzahlung in Höhe von 6.000 Euro vom Leasinggeber verlangt, die der Kunde auf Antrag bei der Bafa als Förderung zurück erhält. Das dürften 2023 nur noch 3.000 Euro sein.
Der Finanzminister pocht darauf, dass der Bund die in der Corona-Pandemie ausgesetzte Schuldenbremse 2023 wieder einhält. Doch ausgerechnet die Förderung der E-Autos auf die Streichliste zu setzen ist keine gute Idee. Im Koalitionsvertrag heißt es: “Wir richten die Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen darauf aus, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 ist. (…) Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen – entsprechend früher wirkt sich dies in Deutschland aus.” Ohne eine staatliche Förderung wird sich der Hochlauf der Elektromobilität spürbar verlangsamen.
Wie schwer es ist, einmal erteilte staatliche Subventionen wieder abzugeben, weiß FDP-Politiker Christian Lindner nur zu gut. Anfang 2010 machten FDP und CSU dem Hotelgewerbe ein Wahlgeschenk: Übernachtungen werden seitdem mit reduziertem Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent berechnet. Der Vorwurf der Klientel-Politik stand im Raum. 2011 unternahm Lindner einen Versuch den Mehrwertsteuersatz wieder hoch zu drehen und scheiterte. Jetzt plädiert Lindner dafür, den reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen in Gaststätten bis Ende 2022 anzuwenden – als Corona-Hilfe. Die Hotel- und Gaststätten-Branche scheint einen besseren Draht zum FDP-Politiker zu haben als die Autoindustrie.
Umweltbonus: Streichung kommt zu früh
Generell spricht nichts dagegen, eine staatliche Förderung zurück zu fahren, wenn eine Technologie allein auf dem Markt bestehen kann. Da aber E-Autos aufgrund der geringeren Stückzahlen und hohen Anfangsinvestitionen teurer sind als Autos mit Verbrennungsmotor, muss noch weiter gefördert werden. Lindners Vorstoß kommt zu früh.
Eine Überarbeitung der Umweltbonus-Regelung aus dem Bundeswirtschaftsministerium steht aus. Es gibt die Forderung etlicher Kritiker, Zuschüsse für Plug-in-Hybride ab 2023 komplett zu streichen. Die Fahrzeuge erbringen nicht den gewünschten Nutzen für die Umwelt. Der CO2-Ausstoß hängt stark vom Verhalten des Fahrers ab. Wird nie oder selten an einer Ladesäule geladen, liegt der CO2-Ausstoß über einem vergleichbaren Fahrzeug mit reinem Verbrennungsmotor.