In einem ehemaligen Kohlekraftwerk im nordrhein-westfälischen Elverlingsen speichern Batterien aus Elektroautos nun Energie. Der stationäre Batteriespeicher verfügt über eine Speicherkapazität von drei Megawattstunden (MWh) und verwendet 72 neue und gebrauchte Renault Zoe Batterien als Energiespeicher. Nach dem Einsatz im Auto erwartet Batterien aus E-Autos ein “zweites Leben” als Energiespeicher, bevor sie ins Recycling gehen.
Die Speicheranlage ist Teil des Renault Projekts “Advanced Battery Storage“. Mit einer geplanten Gesamt-Speicherkapazität von 70 MWh soll es künftig eines der europaweit größten stationären Energiespeichersysteme mit Elektroauto-Batterien werden. Ein erster Speicher mit 4,7 MWh Speicherleistung wurde bereits im französischen Douai installiert. Elverlingsen ist der zweite Standort im Projekt. Weitere Standorte sind in Planung. An der Realisierung sind neben Renault das Technologieunternehmen The Mobility House und der Stromspeichersystem-Experte Fenecon beteiligt. Der modulare Batteriespeicher in Elverlingsen besteht aus zwei 40-Fuß-Standardcontainer, einem Batteriecontainer sowie einem Trafocontainer.
Das Stromnetz stabilisieren
Bei der stationären Speicherung geht es darum, die Lücke zwischen Stromverbrauch und -erzeugung zu schließen. So lässt sich auch der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix erhöhen. Da Wind und Sonne ungleichmäßig starke Erträge liefern, benötigen man Batteriespeicher. Stationärspeicher gleichen diese Schwankungen aus und erhöhen somit die Flexibilität und Stabilität des Stromnetzes. Damit stellen die Batterien der Elektrofahrzeuge eine wertvolle Ressource für die Energiewende dar. „Ein Stationärspeicher ist für uns – vereinfacht ausgedrückt – wie ein großer Parkplatz mit vielen E-Autos, die ständig über den Stecker mit dem Stromnetz verbunden sind. Rein technologisch gibt es für uns keinen Unterschied zwischen den in E-Autos verbauten Batterien und jenen in Stationärspeichern“, sagt Robert Hienz, COO von The Mobility House.
Batteriespeicher in der Johan Cruijff-Arena in Amsterdam
Das stationäre Speichersystem glättet hohe Lastspitzen vor Ort. Da weniger Strom aus dem Stromnetz benötigt wird, senkt das System die Netznutzungsentgelte. Die besten Ergebnisse erzielt der Batteriespeicher bei Industrie- und Gewerbeunternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 10 GWh im Jahr sowie Lastspitzen oberhalb von 500 kW. Durch die Flexibilität der Batteriespeicher können Netzbetreiber bei Netzengpässen an Knotenpunkten unterstützt werden. Bei einem Stromausfall kann der Batteriespeicher schnell und zuverlässig als Notfalllösung einspringen.
Insellösung auf Porto Santo
Eines der spannendsten Praxisbeispiele dürfte das “Smart Fossil Free Island” sein. Auf der Insel Porto Santo im portugiesischen Madeira-Archipel haben The Mobility House, Renault und der niederländische E-Mobilitätsausrüster EV-Box eine V2G-Lösung (Vehicle to Grid) realisiert. Grüner Strom wird in stationären als auch rollenden Speichern (Renault-Fahrzeuge) gespeichert. Dank V2G-Technologie kann die Energie in beide Richtungen fließen: Rein in die Speicher und später wieder hinaus ins Stromnetz zur Nutzung in Haushalten oder Gewerbebetrieben.
Kicken mit Sonnenstrom
Ein weiterer spannender Anwendungsfall ist die Speicherlösung in der Johan Cruijff Arena in Amsterdam. Hier speichern Nissan-Leaf-Akkus tagsüber Energie aus der PV-Anlage auf dem Stadiondach. Nachts wird mit der Energie das Stadion erleuchtet und die Soundanlage von Bands betrieben. Ein kleineres Projekt ist ein stationärer Speicher auf auf dem EUREF-Campus in Berlin in Zusammenarbeit mit Audi. Auch die Autohersteller sind beim Thema Zweitnutzung der Batterien engagiert. BMW nutzt beispielsweise gebrauchte Akkus aus dem i3, um Windenergie in seinem Werk in Leipzig für die Produktion zu speichern.
Das Fernziel von Unternehmen wie The Mobility House ist ein riesiger Schwarmspeicher für die Energiewende. Die Batteriespeicher spielen bei der Sektorenkopplung, der Zusammenführung der Energie- und Mobilitätswelt, eine wichtige Rolle. „Das Elektroauto ist das einzige Auto, das auch während es steht zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen kann: Indem es dank V2G-Anwendungen die Nutzung von erneuerbaren Energien erhöht“, sagt Uwe Hochgeschurtz, Chef der DACH-Region bei der Groupe Renault. |