11 E-Autos pro Ladepunkt, 544 Verbrenner pro Zapfsäule

Laden bei Aral Pulse

Schaut man sich diese Zahlen an, teilen sich viel mehr Verbrenner eine Zapfsäule als E-Autos einen Ladepunkt. Die logische Schlussfolgerung: Die Ladeinfrastruktur für E-Autos ist in Deutschland bereits gut ausgebaut.

Ende 2023 waren in Deutschland 1.408.681 E-Autos angemeldet. Dem stehen 127.484 öffentlich zugängliche Ladepunkte gegenüber. Das bedeutet, auf jeden öffentlichen Ladepunkt kommen 11 E-Autos. Verglichen mit dem Verhältnis von Pkw mit Verbrennungsmotor (ca. 47.300.000) zu Zapfsäulen (ca. 86.800) an Tankstellen, ist die Infrastruktur für Elektroautos besser ausgebaut als die für Verbrenner, denn auf jede Zapfsäule kommen 544 Fahrzeuge.

Diese Zahlen belegen, dass die aktuelle Debatte über die Ladeinfrastruktur wenig zielführend ist. Die Menge an Ladepunkte ist ausreichen für die vorhandene E-Flotte und gerade im Vergleich zur Abdeckung mit Zapfsäulen sogar exzellent. Die Gründe für das schleppende Wachstum der E-Mobilität liegen also wo anders – nämlich in den schwammigen politischen Rahmenbedingungen und den immer noch zu hohen Kosten der E-Autos“, sagt Jörg Reimann, CEO der Digital Charging Solutions GmbH (DCS). Sie ermöglicht mit Ladediensten wie CHARGE NOW E-Autofahrern Zugang zum öffentlichen Ladenetzwerk. DCS ist Teil des Mobility Joint Ventures von BMW und Mercedes Benz. Weiterer Shareholder ist die BP (Mutterkonzern von Aral).

DCS

Zuhause laden überwiegt

Der Vergleich zwischen Ladepunkten und Zapfsäulen hinkt natürlich. Es ist wie der Apfel-Birnen-Vergleich. Kein Fahrer eines Verbrenners kann zuhause tanken. Mit dem E-Auto klappt das und noch passieren die meisten Ladevorgänge daheim. Laut einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Roland Berger nutzen 23 Prozent der Befragten für 80 Prozent ihrer jährlichen Fahrleistung die heimische Wallbox. Bei 30 Prozent liegt der Anteil zwischen 60 und 80 Prozent der Fahrleistung. Verständlich, zuhause laden ist der bequemste und vor allem günstigste Weg, das E-Auto für den Alltag voll zu bekommen. Manche haben auch die Möglichkeit, beim Arbeitgeber zu laden. Ladegeschwindigkeit spielt hier dabei Rolle, da das Auto acht oder mehr Stunden steht.

Nur 14 Prozent sind Schnelllader

Beim öffentlichen Laden dagegen spielt Ladegeschwindigkeit DIE entscheidende Rolle. Wer mit dem E-Auto lange Strecken fährt, will kurze Ladepausen. Also muss die Ladegeschwindigkeit am Schnelllader hoch sein. Und genau hier führt die Zahl der öffentlichen Ladepunkte von DCS in die Irre.

Nehmen für mal die Zahlen von Roland Berger oder dem Umweltverband T&E für Europa (EU-27). Sie liegen dicht beieinander. Aktuell gibt es rund 635.000 öffentliche Ladepunkte in Westeuropa. Davon zählen 90.000 als Schnelllader (Gleichstrom mit mehr als 50 kW Ladeleistung). Somit sind nur 14 Prozent aller öffentlichen Lader so genannte Schnelllader. Die braucht man nicht zwingend auf seiner täglichen Pendelstrecke, aber für die Urlaubsfahrt, den Familienausflug und den Geschäftstermin in einer weit entfernten Stadt sind sie unabdingbar.

T&E Ladepunkte

Die gute Nachricht: Von 2022 auf 2023 hat sich die Zahl der Schnelllader in Europa verdoppelt. Auch die Ladeleistung wächst. Sukzessive werden neue Ladesäulen mit Leistungen zwischen 150 und 300 kW installiert. Allerdings ist die Verteilung innerhalb Deutschlands ungleichmäßig. Während in Hessen auf einen Schnellladepunkt 201,1 E-Autos kommen, sind es im Nachbarbundesland Thüringen gerade mal 61,9 E-Autos.

Ladedauer: Tanken gegen Laden

Gern wird auch die Ladedauer verglichen. Allerdings liegt die Minutenzahl beim Schnellladen an mehreren Faktoren: Außentemperatur, Temperatur der Batterie, Ladeleistung des E-Autos und Zustand des Netzanschlusses der Ladestation (Auslastung der Station und ihres Anschlusses). Ein Tankstopp dauert knapp zehn Minuten. Was auch nicht stimmt, das reine “Tanken” dauert drei bis fünf Minuten, dann ist der Tank voll. Die restliche Zeit verbringt man im Shop mit dem Bezahlvorgang. Warum eigentlich? Eine reine Ladestation hat auch kein Kassenhäuschen. Man könnte auch mit Giro- oder Kreditkarte an der Zapfsäule bezahlen.

Wer geht morgen noch in den Shop?

Doch dagegen würde die Pächter der noch vorhandenen rund 14.000 Tankstellen Sturm laufen. Sie verdienen mit dem Verkauf von Energy-Drinks und Eis, Kippen und Kaffee mehr Geld als mit dem Kraftstoff. Es bleibt spannend zu sehen, wie sich Aral Pulse und Shell Recharge zukünftig positionieren. Je mehr Tankstellen zu Ladestellen werden, muss der Shop für E-Autofahrer die gleiche Anziehungskraft ausüben, wie es aktuell der Fall ist. Gerät damit das Bezahlen an der Ladesäule in Gefahr? Gibt es einen günstigeren Preis, wenn man in den Shop geht?

Jeder Vergleich hinkt

Ich finde sämtliche Vergleiche zwischen Zapfsäulen und Ladeinfrastruktur schwierig. Es ist im wahrsten Sinne ein Umstieg. Das E-Auto lädt man anders, als man bislang getankt hat. Zum Tanken bin ich bewusst gefahren. Laden geschieht – im besten Fall – nebenbei: Wenn ich einkaufe, wenn ich Termine wahrnehme, wenn ich zuhause oder bei der Arbeit bin. Wenn ich auf der Strecke noch weiter will, soll der Ladevorgang möglichst schnell erledigt sein. Darum sind HPC-Lader entlang der Autobahnen wichtig. Um die Tankstelle an der Autobahn hat man nach Möglichkeit aus Preisgründen einen Bogen gemacht.

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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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