Erst beendet Audi sein DTM- und Formel E-Engagement. Nun zieht die Marke Volkswagen nach. Sämtliche Aktivitäten der Volkswagen Motorsport GmbH werden eingestellt – egal ob der Wagen mit Verbrenner- oder E-Motor seine Runden dreht. Die 169 Mitarbeiter aus Hannover wechseln in den Konzern nach Wolfsburg.
„Die Marke Volkswagen ist auf dem Weg, der führende Anbieter in der nachhaltigen Elektromobilität zu werden. Zu diesem Zweck bündeln wir unsere Kräfte und haben entschieden, eigene Motorsport-Aktivitäten für die Marke Volkswagen einzustellen“, sagt Dr. Frank Welsch, Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen. “Bündeln” klingt für mich nach sparen. Das ist auch die einzige logische Erklärung für diese Schritte. Die Überschrift der Pressemitteilung lautet: “Kräfte bündeln für E-Offensive“. Muss Volkswagen sparen, um mehr Geld für den Marktstart der ID-Reihe zu haben? Es sieht fast so aus. Die Corona-Pandemie hat ihre Spuren auch bei den Absatzzahlen hinterlassen. Offen ist noch die Frage, ob Strafzahlungen an die EU wegen zu hoher CO2-Flottenwerte fällig werden. Oder hat VW in diesem Jahr ausreichend Elektro- und Plug-in-Hybrid-Autos verkauft?
Volkswagen Motorsport blickt auf mehr als fünf Jahrzehnte Motorsport-Geschichte zurück. Beginnend mit der Blütezeit der Formel V in den Sechziger- und Siebzigerjahren und den Erfolgen in der Formel 3 engagierte sich Volkswagen mit seriennahen Fahrzeugen wie dem Polo, dem Golf und dem Scirocco auf Rundstrecken, im Rallycross und im Rallyesport. Zu den größten Erfolgen der Marke zählen drei Siege bei der Rallye Dakar mit dem Race-Touareg, vier Rallye-Weltmeister-Titel, zwei TCR-International-Titel sowie drei Rallycross-Weltmeister-Titel.
Mit dem elektrischen Sportwagen ID.R hält Volkswagen fünf internationale Rekorde. Darunter den Gesamtrekord am Pikes Peak in den USA, den Elektro-Rekord auf der Nürburgring-Nordschleife sowie am Berg Tianmen in China. Die Erfolge mit dem ID.R zur Einführung der ID-Familie waren teuer erkauft. Nicht nur entwickelten hier die Renningenieure ein komplett neues Fahrzeug, man verpflichtete auch den dreimaligen Pikes Peak Gewinner Romain Dumas.
An diesem Berg in den Rocky Mountains in Colorado hatte VW noch eine offene Rechnung zu begleichen, nachdem das Motorsport Team drei Mal mit einem Golf gescheitert war. Die ist keine Rundstrecke, sondern eine 20 km lange Einbahnstraße den Berg hinauf. Doch die 1.440 Höhenmeter auf den Gipfel (4.302 m) machen Fahrern und Verbrennern sauerstofftechnisch schwer zu schaffen. Ein Elektroauto samt Fahrer mit Sauerstoffflasche hat da bessere Karten. Romain Dumas und der ID.R brachen mit 7:57 Minuten am 24. Juni 2018 den Rekord. Die Strecke mit ihren 156 Kurven ist nicht ungefährlich. Ein Abschnitt heißt nicht umsonst Devil´s Playground. Hinter etlichen Kurven ohne Leitplanken geht es steil bergab.
Die Aktivitäten rund um den ID.R werden ebenfalls eingestellt. Die teuer erkauften Rekorde sind nur noch ein Trophäe im Glaskasten.