Tesla – das ewige Hin und Her

Tesla Store Hamburg Grosse Bleichen

Es spricht nichts gegen eine dynamische Unternehmensführung. Entscheidungen müssen schnell getroffen und umgesetzt werden. Doch bei dem Tempo, in dem Tesla etwas beschließt und dann doch das Gegenteil tut, kann einem schon mal schwindelig werden.

Am letzten Februar-Tag verkündet Tesla das Aus für alle Läden. Die Elektroautos werden nur noch online verkauft. Dafür sinken die Preise aller Modelle um sechs Prozent. Bereits zehn Tage später rudert das Unternehmen zurück: Es werde nur die Hälfte der weltweit 378 Stores geschlossen. Dafür nimmt man die Preissenkung zurück und alle Modelle kosten nun drei Prozent mehr. In der Umsetzung sind es Deutschland letztendlich nur 2,3 Prozent bei der Performance Variante des Models 3 und 2,5 Prozent bei der Langstrecken-Batterie-Version. Das Hin und Her bei den Preisen hat vor allem die frühen Model 3-Besteller verärgert und zu etlichen Stornierungen geführt. Die Kunden wurden mit kostenlosen Upgrades beim Autopiloten besänftigt.

In Deutschland die Läden zu schließen, wäre extrem verrückt

In Deutschland, wo gerade mal 20 Tesla-Stores betrieben werden, macht die Schließung überhaupt keinen Sinn. Ein neues, erklärungsbedürftiges Produkt benötigt eine Anlaufstelle, in der Interessenten anfassen, schnuppern, Probesitzen und vor allem Fragen stellen können.

Genau mit dieser Begründung hat Tesla zum Start seinen Direktvertrieb in den USA aufgebaut. In den meisten Bundesstaaten ist der Verkauf von Autos jedoch durch Hersteller verboten. Nur unabhängige Händler dürfen Fahrzeuge an Endkunden verkaufen. Für Tesla ist es an langwieriger und teurer juristischer Kampf – in jedem einzelnen Bundesstaat.

Die Läden sind in den USA also eine Art Feigenblatt. Das seien nur Showrooms, argumentierte Tesla. Verkauft werde Online, direkt aus der Zentrale in Kalifornien. Besonders heftig tobt der Streit im Bundesstaat Texas. Die dortige Regierung arbeitet an einem Gesetzentwurf, der Tesla sogar die Wartung und Reparatur der eigenen Fahrzeuge untersagen würde. Hier die Tesla-Stores wieder zu schließen, könnte ein taktisches Manöver sein, um dieses Gesetz zu verhindern.

Tesla HQ

Kunden werben (wieder) Kunden

Anfang Februar 2019 wurde das Kunden-werben-Kunden-Programm ersatzlos gestrichen. Eine erstaunliche Entscheidung für ein Unternehmen, das keinerlei klassische Werbung in Form von Anzeigen und TV-Spots macht. Das Unternehmen lebt zu einem erheblichen Teil von Mund-zu-Mund-Propaganda. Es dauert keine zwei Monate, da kommt das Empfehlungs-Programm drei Nummern kleiner wieder zurück. Jeder Käufer erhält jetzt freies Supercharger-Laden für 1.500 km Reichweite. Unter den Werbern wird jeden Monat ein Model Y und quartalsweise ein neuer Roadster verlost. Beide Autos mit Autogrammen von Elon Musk und Designer Franz von Holzhausen.

Tesla: 60, 75, 85, 90 oder 100 kWh?

Das ewige Hin und Her kennt man schon von den Batterie-Kapazitäten. Die schwankten quartalsweise zwischen 60 und 100 kWh. Dabei wurde die Kapazität häufig per Software beschränkt und konnte später gegen Zuzahlung erweitert werden. Aktuell gibt es beim Model S und X nur die 100er Variante. Wobei das dem Interessenten nicht klar wird. Irgendwann hat Tesla die Benennung seiner Autos umgestellt. Bei einem P80D wusste man, es ist eine Performance-Variante mit zwei Motoren (Dual) und einer 80 Kilowattstunden fassenden Batterie.

Heute gibt es nur noch Mid und Long Range, Standard und Performance – bei allen Modellen. Wobei die Mid Range-Variante beim Model 3 gerade erst gestrichen wurde. Dafür gibt es jetzt – zumindest in den USA – eine Standard Range-Variante ab 35.000 Dollar mit 220 Meilen (EPA) Reichweite.

Tesla Factory Fremont dk
Model X an einem Supercharger vor der Fabrik in Fremont

Verzicht auf jährlichen Service

Elektroautos erfahren im Vergleich zu Verbrenner-Fahrzeugen weniger Verschleiß. Darum sagt Tesla, der jährliche Service-Intervall wird nicht mehr verpflichtend vorgeschrieben. Gut für die Besitzer. Aber auch gut für Tesla, denn die Service Center arbeiten heute bereits am Rande ihre Kapazität. Das dürfte Entlastung schaffen. Tesla empfiehlt den Besitzern, eigenständig die Filter in der Klimaanlage, Bremsflüssigkeit und die Klimaanlage zu überprüfen. Auch die Räder sollten regelmäßig eigenständig überprüft, Positionen getauscht oder ausgewechselt werden.

Merkwürdige Model Y Vorstellung

Das Model X und Model 3 bekommen Nachwuchs. Heraus gekommen ist das Model Y – allerdings erblickt es erst 2020 das Licht der Welt. Lustig, jetzt ist mit den vier Tesla-Modellen das Wort S3XY komplett. Doch die Präsentation in Teslas Design Center wirkte auf mich merkwürdig. Der größte Teil der 35-minütigen Elon-Show ging für die Firmen-Historie drauf. In gerade mal fünf Minuten wurde das Model Y abgehandelt. Man sah die Basiswerte in einer Tabelle auf der Leinwand. Aber ansonsten ging Elon Musk auffällig wenig in die Details. Er präsentierte weder technische Einzelheiten noch Angaben dazu, wo das Model Y gebaut wird. Das Besondere – die dritte Sitzreihe – wurde nicht richtig gezeigt.

Model Y wird 1.000 Dollar teurer

Update 25.3.19: Und Tesla macht es wieder, als ob dieser Beitrag noch einen Beleg benötigt hätte. Zehn Tage nach der Model Y-Präsentation steigen die Preise für alle Varianten des Crossover-Fahrzeugs um 1.000 Dollar.

Wer jetzt auf der Tesla-Webseite nachschaut, sollte nicht auf die Preise in der rechten Spalten schauen. Relevant ist der Bar-Preis unten links (Before Savings).

Model Y Preise bei der Vorstellung und 10 Tage später: 1.000 Dollar aufgeschlagen

Interessenten abschöpfen

Dabei kommt die erste Version des kleinen SUV bzw. Crossover erst ab Herbst 2020 in den Verkehr. Die günstige Einstiegsversion gibt es sogar erst ab 2021. Wer bereits bestellt, muss 2.500 Dollar Anzahlung leisten. Vermutlich geht es Musk darum, Interessierte möglichst früh an sich zu binden. Schließlich kommen mit Hyundais Kona, dem neuen Nissan Leaf e+, Audis e-tron und Daimlers EQC etliche Alternativen auf den Markt, die dem Elektroauto-Pionier Konkurrenz machen.

Kein April-Scherz

Elon Musk on Twitter

Please note prices on all Tesla inventory cars worldwide rise by ~3% on April 1

Elon Musk kündigt via Twitter Preiserhöhungen bei Autos aus dem Inventar an.

Elon Musk twittert, dass zum Ende des ersten Quartals, also ab Anfang April 2019 die Preise für Autos aus dem Inventar um rund drei Prozent angehoben werden. Dann passen die Preise der Autos aus dem Lager wieder zu den Preisen der Neubestellungen.

Das AUS für das $ 35.000 Model 3

Update vom 12.4.19: Der Einstiegspreis von 35.000 Dollar war beim Model 3 immer das Ziel. Erst rechnete Elon Musk das Model 3 mit wilden Verrenkungen günstiger, was die Wettbewerbszentral auf den Plan rief. Dann gab es in den vergangenen Wochen ein wildes Hin- und Her bei den Preisen. Jetzt killt Tesla de facto jetzt die günstige Einstiegsvariante vom Model 3. Naja fast, wer am Telefon oder im Laden nachfragt, kann die Standard Range Variante noch erhalten. Ernsthaft! So viel zum Thema Umstellung auf reinen Online-Vertrieb.

Limitierung per Software

Um die Produktion zu vereinfachen, wird die Variante Standard Range mit einem Motor am Heck gestrichen. Tesla baut nur noch die einmotorige Standard Plus Variante. Wer dennoch die günstigere Variante haben möchte, dem wird per Software zehn Prozent der Reichweite genommen. Außerdem sind Sitzheizungen, Navigation mit Echtzeit-Verkehrsdaten und der Musik-Streaming-Dienst deaktiviert. Wen das nach dem Kauf nervt, kann gegen Zuzahlung die einzelnen Funktionen natürlich freischalten lassen.

Die Standard Range vom Model 3 gibt es nur noch auf Nachfrage

Autopilot als Grundausstattung

Um die Preise noch schlechter vergleichen zu können, wird der Autopilot jetzt Teil der Grundausstattung. Der kostete bislang optional 3.000 Dollar. Tesla erhöht den Preis bei der Standard Plus-Variante vom Model 3 nur um 2.000 Dollar auf 39.500 Dollar. Das Update zur vollständigen Autonomie (Full Self-Driving Capability) kotstet weiterhin 5.000 Dollar extra. In Deutschland startet das Model 3 in der Standard Range Plus bei 45.480 Euro und einer Zuzahlungen von 5.200 Euro für die kompletten Autopilot-Funktionen.

Tesla startet – zumindest in den USA – mit einem Leasingangebot. Das Model 3 in der Standard Range-Variante kostet 535 Dollar pro Monat bei einer Laufzeit über 36 Monate bei 15.000 Meilen pro Jahr und einer Anzahlung von 4.230 Dollar. Die Fahrzeuge können am Laufzeitende nicht vom Nutzer übernommen werden. Tesla nimmt die Fahrzeuge zurück, um damit seine Car-Sharing Flotte aufzubauen. Wenn ich die Tesla-Mitteilung richtig verstehe, sollen die Model 3 über den Autopiloten selbstständig zum Mieter fahren.

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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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