Fiat Chrysler Automotive (FCA) dürfte den Grenzwert für CO2-Emissionen in der EU ab 2021 nicht einhalten. Dann darf die Fahrzeugflotte eines Herstellers im Durchschnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Fahrzeug und Kilometer ausstoßen. Dieser Wert sinkt bis 2025 um weitere 15 Prozent und bis 2030 um 37,5 Prozent auf rund 60 Gramm CO2 pro km. Der Durchschnitt eines Autos aus dem FCA-Konzern lag 2018 bei 123 g/km.
95 Euro pro Gramm Strafzahlung
Jedes Gramm über dem Grenzwert kostet den Autohersteller 95 Euro pro zugelassenem Fahrzeug. Die Unternehmensberatung PA Consulting hat errechnet, dass FCA rund 700 Millionen Euro an die EU zahlen müsste. Bei Volkswagen könnte es bis zu 1,4 Milliarden Euro werden. Dabei darf der Konzern durch die Pooling-Regeln den Durchschnitt über alle Marken errechnen. Die Werte der hochmotorigen Audis und Porsches sollten eigentlich durch den niedrigeren Ausstoß der Seat- und Skoda-Fahrzeuge ausgeglichen werden.
Tesla ist offen für weitere Interessenten
FCA hat mit dem Alfa Romeo Tonale auf dem Genfer Autosalon zwar einen Plug-in-Hybriden gezeigt, doch das Auto ist noch in der Konzeptphase. Mit ihren italienischen Marken Marken Fiat, Lancia, Maserati, Alfa Romeo sowie den US-Marken Dodge, Chrysler und Jeep schafft der Konzern die EU Vorgaben nicht. Darum bündelt FCA laut FT.com [€] die CO2-Emission in Europa mit Tesla. Da die Elektroautos Null Treibhausgase ausstoßen, dürfte das den Durchschnitt für FCA deutlich senken.
Laut dem Zeitungsbericht hat Tesla mehreren Herstellern in Europa angeboten, an dem Pool teilzunehmen. Bislang habe nur FCA zugestimmt. Die beiden japanischen Hersteller Mazda und Toyota bilden laut Unterlagen der EU-Kommission ebenfalls eine “CO2-Emissions-Gemeinschaft” in Europa.
CO2-Emissionen werden in der EU gehandelt
Über die Höhe der FCA-Zahlung an Tesla ist nichts bekannt. Vermutlich liegt die Zahlung unterhalb der befürchteten Strafzahlung in Höhe von 700 Millionen Euro. Einige Berichte bezeichnen den Deal als Ablasshandel. Doch der Verkauf von Emissionsrechten ist ein politisch gewolltes Steuerungsinstrument. Im Idealfall würde man die Verursacher Treibhausgas-Emissionen zur Kasse bitten. Doch das Zurechnen auf einzelne Verursacher in der Industrie ist aufwändig und damit unrealistisch. Darum gibt es seit 2005 das EU Emission Trading System (ETS).
Jedes Jahr erhalten rund 12.000 Unternehmen der Industrie und Stromerzeugung aus 28 EU-Staaten sowie Lichtenstein, Island und Norwegen eine festgelegte Menge an legalen CO2-Emissionen. Diese Zertifikate können sie an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig handeln. Wer Emissionen senkt, kann Zertifikate zu Geld machen. So lange zusätzliche Zertifikate teurer sind als Filteranlagen oder andere CO2-freie Alternativen, wird in Umweltschutz investiert. Die EU reduziert im Zeitverlauf die Menge der ausgegebenen Zertifikate. Auch der Flugverkehrs ist Teil des ETS, doch aufgrund starken Widerstand aus China, den USA sowie mehrerer Schwellenländer, werden aktuell nur Flüge innerhalb der EU vom Emissionshandel erfasst.
Wirksames Lenkungsinstrument
Tesla profitiert hier von den Umweltschutzmaßnahmen der einzelnen Staaten. Im Heimatmarkt USA erzielt Tesla durch so genannte Credits stark schwankende, aber nicht unerhebliche Einnahmen. Hier heißen sie Zero Emission Vehicle (ZEV) und Greenhouse Gas Emission-Credits (GHG). Im Jahr 2018 nahm Tesla 103,4 Millionen Dollar mit dem Verkauf von ZEV-Credits sowie 315,2 Millionen Dollar mit “Other Credits” ein.
Dem jungen Unternehmen Tesla hat der Verkauf der Zertifikate (Credits) enorm geholfen. Obwohl mit steigenden Stückzahlen auch die Einnahme aus den Verschmutzungsrechten steigen, sinkt ihre Bedeutung für Tesla. Im vergangenen Jahr betrugen die Einnahmen 5,8 Prozent bezogen auf dem Umsatz mit Autos und Energieprodukten.
Die zusätzlichen Einnahmen helfen Tesla bei der Fahrzeugentwicklung. Die Käufer werden Zertifikate nur so lange erwerben, bis es günstiger ist, in emissionsfreie Autos zu investieren. Der Staat hat über seine Lenkungsfunktion in der Hand, wie stark er die Menge zulässiger CO2-Emissionen im Zeitverlauf senkt.