Bosch beerdigt den klassischen Autoschlüssel

Zulieferer Bosch digitalisiert den Autoschlüssel und bringt ihn auf Smartphones. Zum Öffnen des Fahrzeugs kann das Handy in der Hosentasche bleiben. Ab 2020 nutzt ein chinesischer Hersteller erstmals das Bluetooth-System.

Ein überdimensionierter Funkschlüssel ist mit Blumen geschmückt und wird von Sargträgern durch das Hamburger Millerntorstadion getragen. Vorweg geht eine Jazz-Band, ganz im Stil einer New Orleans-Beerdigung. Bosch trägt beim Digitalen Kindergarten den Autoschlüssel zu Grabe.

Perfectly Keyless nennt Bosch sein System. Der Autoschlüssel ist digitalisiert und Teil einer App. Zum Aufschließen kann das Smartphone in der Hosentasche des Nutzers bleiben. Erfassen die Sensoren in der Fahrertür oder im Kofferraum das Bluetooth-Signal, öffnet sich das Fahrzeug. Entfernt sich der Nutzer vom Fahrzeug, wird es automatisch verriegelt.

Auch der Startvorgang des Motors erfolgt über die App. Sobald das Smartphone erkannt wurde, lässt sich der Motor starten. Der Verzicht auf einen Schließzylinder samt Schlüssel wirkt sich laut Bosch positiv bei einem Frontaufprall aus. Hier verursachte der Schlüssel bei Unfällen Verletzungen am Knie des Fahrers.
Auf Wunsch können Autohersteller die App mit den gespeicherten Fahrerprofilen synchronisieren. Je nach dem, wer das Auto öffnet, passen sich Sitzposition und Außenspiegel automatisch an. Die App ermöglicht auch das Verleihen des Fahrzeugs an Freude. Dabei schickt der Besitzer einen zeitlich begrenzten Freigabe-Code über die Bosch-Cloud an den Ausleiher.

Autoverleih wird mit digitalem Autoschlüssel einfacher

Das System bietet sich auch für Sharing- und Mietfahrzeuge an. Doch leben Autovermieter vom persönlichen Kontakt am Schalter, um Upgrades und zusätzliche Versicherungsprodukte zu verkaufen. Mit dem digitalen Schlüssel würde der menschliche Kontakt bei der Übergabe entfallen.
Bosch bietet als Zulieferer seinen digitales Schlüsselsystem allen Herstellern an. Als erstes wird eine ungenannte Marke in China ab 2020 das System einsetzen.

Während der Funkschlüssel mit entsprechendem Markenlogo für viele Autobesitzer ein Statussymbol ist, verbinden jüngere Autofahrer sowie Vielfahrer mit dem traditionellen Schlüssel eher negative Erlebnisse. Bosch hat zur Einführung seines digitalen Schlüssels das Markforschungsinstitut Puls mit einer repräsentativen Befragung beauftragt. Danach wissen viele – beispielsweise beim Besuch im Freibad – nicht, wo sie ihn verstauen sollen (45 Prozent), verlegen ihn und finden ihn erst nach langer Suche wieder (44 Prozent) oder haben ihn schon einmal verloren (38 Prozent). Rund 40 Prozent der Befragten können sich vorstellen, ihren Autoschlüssel durch eine Smartphone-App zu ersetzen. „Die Vorteile eines digitalen Autoschlüssels liegen auf der Hand – er ist bequem, sicher und immer und überall verfügbar“, sagt Harald Kröger, Vorsitzender des Bereichsvorstandes von Automotive Electronics bei Bosch.

Die Bosch-Ingenieure halten den Bluetooth-Funkstandard für sicher. Sie setzen auf einen digitalen Fingerabdruck des Smartphones, der einmalig ist. So weise jeder Mikrochip, der die Bluetooth-Kommunikation in einem Smartphone steuert, unverwechselbare Eigenschaften auf. Zusammen mit den Sensoren in den Türen und einem Steuergerät schaffen die Ingenieure ein digitales Schloss, in das nur die hinterlegten digitalen Schlüssel passen.

Bluetooth kann jedes Smartphone

Da Bluetooth universell von allen Smartphone-Herstellern genutzt wird, gibt es in der Nutzung keine Beschränkungen bei Smartphone-Modellen. Im aktuellen Bluetooth-Standard reagiert das Fahrzeug auf ein Smartphone, sobald es in die Nähe kommt. Das gilt auch, wenn der Besitzer am geparkten Fahrzeug vorbeigeht, um beispielsweise den Rasenmäher aus der Garage zu holen. Die Bosch-Ingenieure gehen davon aus, in kommenden Bluetooth-Versionen die Intention einer Wagenöffnung durch die Bewegungsdaten noch präziser vorhersagen zu können. Dann würde bei einem Vorbeigehen, die Wagentür verschlossen bleiben. Aktuell ist eine versehentliche Öffnung unproblematisch, da sich das Fahrzeug wieder verriegelt, wenn sich das Smartphone wieder entfernt.

Sollte der Nutzer sein Smartphone mit dem digitalen Schlüssel verlieren, kann er das System über die Bosch-Cloud deaktivieren. Der Zugang zum Fahrzeug ist dann gesperrt.

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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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