Leises Testen für leise Autos: Neues Aeroakustik- und E-Antriebszentrum der BMW Group

München. Das neue Aeroakustik- und E-Antriebs-Zentrum
(AEZ) startet im Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) der BMW
Group seinen Betrieb. Nach fast vierzig Jahren wird der alte
Aeroakustikwindkanal von BMW ersetzt.  Das Gebäude besteht aus zwei
Hälften: Neben einem multifunktionalen Teil mit Werkstatt-, Prüf- und
Messeinrichtungen sowie einem Prototypenbau für Hochvoltbatterien und
Inverter befindet sich im AEZ ein technisch und baulich einzigartiger
Windkanal. Mit einer Länge von knapp 100 m, einer Höhe von 45 m und
Breite von 25 m ist er der weltweit größte Akustik-Windkanal in
vertikaler Bauweise und gleichzeitig der leiseste.
 
„Leise ist premium“, sagt Daniel Boettger, Leiter Entwicklung
Gesamtfahrzeug bei der BMW AG. „Unser Fokus liegt auf der Realisierung
des Premiumanspruchs unserer Fahrzeuge. Ein wichtiger Teil davon ist
die Akustik – insbesondere auch bei den leisen Elektromodellen. Der
neue Windkanal ermöglicht wegweisende Fortschritte in der Aeroakustik-Forschung“.
 
„Das neue AEZ ist ein weiterer baulicher Meilenstein für die
Entwicklung zukünftiger Mobilitätslösungen der BMW Group“, betont
Nicole Haft-Zboril, Leiterin BMW Group Immobilienmanagement. „Um ein
solch komplexes Projekt
in kürzester Zeit, kosteneffizient und mit sehr hoher Qualität zu
realisieren, braucht es eine enge Verzahnung zwischen Bau, Entwicklung
und Produktion sowie mit all unseren Partnern und der Stadt München.
Der Einsatz von Lean Construction ist dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor.“
 

Leiser Wind für präzise Messungen und perfekte Aerodynamik
Mit einem Hintergrundgeräuschpegel (54,3 dB(A) bei 140 km/h), der so
niedrig ist wie ein leises Gespräch oder eine leise Klimaanlage,
können die Geräusche, die durch den Fahrtwind am Fahrzeug entstehen,
im neuen Windkanal präzise gemessen werden. Mit einem Düsenquerschnitt
von 25 m² und einer maximalen Windgeschwindigkeit von 250 km/h können
selbst die größten und leistungsstärksten Fahrzeuge wie der
Rolls-Royce Phantom oder der BMW X7 realitätsnah untersucht werden.
Dies wird realisiert durch eine Gebläseleistung von 4.5 MW und bis zu
100.000 m³ Luft pro Min bei 250km/h. Der Windkanal ist als akustischer
Semifreifeld-Raum konzipiert. Das bedeutet, dass außer dem
schallharten Boden keine Schallreflexionen auftreten. Dies ermöglicht
eine realistische Simulation der Situation auf der Straße. Der
Frequenzbereich für die Semi-Freifeldbedingungen ab 30 Hz ist
einzigartig für einen Fahrzeug-Windkanal und deckt das gesamte hörbare
Spektrum ab.
 

Innovative Messtechnik, hohe Flexibilität und kurze Umrüstzeiten
Der Akustik-Windkanal ist mit modernster Messtechnik ausgestattet, um
die Fahrzeugentwicklung voranzubringen. Eine
216-Mikrofon-Akustikkamera ermöglicht eine präzise Lokalisierung von
Störgeräuschen mit einer Genauigkeit von unter einem Zentimeter.
Darüber hinaus verfügt der Windkanal über ein Laservibrometriesystem,
mit dem die mechanischen Schwingungen der gesamten Fahrzeugoberfläche
synchron und berührungslos vermessen werden können.
Auch für die Untersuchung von Wind- und Rollgeräuschen ist der
Windkanal bestens gerüstet. Ein vollwertiger
Akustik-Allrad-Rollenprüfstand kann unabhängig von Wind und Wetter
eingesetzt werden, um die unterschiedlichen Phänomene zu analysieren.
Der Windkanal ist so konzipiert, dass er eine hohe Flexibilität bei
der Durchführung von Messungen bietet.
Die Wind-Rollgeräusch bietet die Möglichkeit, die Phänomene Abrollen
und Wind voneinander zu trennen (Wind an/aus, Rolle an/aus). Darüber
hinaus können verschiedene Module wie ein fahrzeugbefahrbarer
Glasboden oder eine Fahrzeugwaage für Motorräder  in kurzer Zeit
ausgetauscht werden, ohne das Fahrzeug umzusetzen. So können die
Entwickler schnell und effizient unterschiedliche Konfigurationen
testen. Mit dieser einzigartigen Kombination aus Leistungsfähigkeit,
Präzision und Flexibilität setzt der neue Akustik-Windkanal in München
neue Maßstäbe in der Fahrzeugentwicklung und eröffnet neue
Möglichkeiten für die Optimierung von Fahrzeugakustik und -aerodynamik.
So kann mit dem leisesten Windkanal und der modernsten Messtechnik
die beste Aeroakustik für die Neue Klasse sichergestellt werden.
 

Flexibilität auch beim Bau von zentraler Bedeutung
Im Grunde besteht das AEZ aus zwei Gebäuden, die in einer Baugrube
errichtet wurden. Baulich wurde den speziellen akustischen
Anforderungen mit einer besonderen Entkopplung des Windkanals von der
zweiten „Doppelhaushälfte“ und der Umgebung Rechnung getragen. Das
gesamte Gebäude, von der 3 m dicken Bodenplatte bis zur Fassade, ist
schalltechnisch gegenüber Geräuschen aus der Umgebung isoliert. Die
gesamten Bauarbeiten wurden während laufendem Entwicklungsbetrieb in
den Nebengebäuden durchgeführt. Damit der Baugrund maximal effizient
genutzt wird, wurde der Windkanal aufrechtstehend konzipiert. Nur so
konnten alle Anforderungen für beide Gebäude vollständig erfüllt und
auf der vorhandenen Fläche realisiert werden.
 

Prototypen für die Zukunft der Elektromobilität:
Hochvoltbatterien und Inverter
In der zweiten „Doppelhaushälfte“ des AEZ befinden sich Werkstätten,
Prüf- und Messständen sowie Prototypen-Linien. Hier liegt der Fokus
ebenfalls auf der Elektromobilität. Die Expertinnen und Experten der
BMW Group bauen und testen hier Prototypen zukünftiger
Hochvoltbatterien für Elektrofahrzeuge. Auf mehreren Etagen stehen
dafür 15.000 m² zur Verfügung. Auf einer weiteren Fläche von 800 m²
werden auf einer Pilotlinie – unter Sauberraumbedingungen – Inverter
für zukünftige Elektromotoren hergestellt. Der Inverter ist ein
entscheidendes Bauteil im Elektromotor. Seine Aufgabe ist es unter
anderem, den Gleichstrom aus der Hochvoltbatterie für den Einsatz im
E-Motor in Wechselstrom zu verwandeln. Um langfristig flexibel
aufgestellt zu sein, sind die Flächen im AEZ „multifunktional“
ausgelegt. Das heißt: Das Unternehmen kann auch in Zukunft auf
verschiedene Anforderungen reagieren und die Flächen in kurzer Zeit umbauen.