Dies ist die lange Version eines Artikels, den ich für Zeit online geschrieben habe. Das Video ist auf meinem YouTube-Kanal-Drehmoment erschienen.
Das Model 3 ist ein Eisbrecher, eine Kennenlernmaschine. Als ich in Hamburg bei geöffneter Fronthaube Wischwasser nachkippe, beugt sich von der Seite ein Mann über den Stauraum. “Ich wollte mal sehen, wie viel da vorne reingeht”, sagt er entschuldigend und schon diskutieren wir darüber, ob es sinnvoll wäre, Solarzellen ins Dach von Elektroautos zu integrieren. In Berlin versperrt ein Paketbote mit seinem Wagen die Zufahrt zu einer Ladesäule. Ich bitte ihn ein Stück vor zu fahren, was er sofort tut. Als mein Wagen mit dem Kabel an der Ladesäule hängt, kommt er zu mir und fragt: “Wie lange müssen Sie jetzt laden, bis er voll ist?” Auch während der insgesamt drei Ladestopps an den Tesla-eigenen Superchargern wird mein Fahrzeug aufmerksam beäugt und ich mit Fragen gelöchert. Schließlich ist die rote Limousine eines der ersten Model 3 in Europa.
Elon Musk reist seinem Model 3 hinterher
Tesla-Fans posten in sozialen Netzwerken Bilder von Schiffen, die in Zeebrugge Elektroautos ausladen. Auch Firmenchef Elon Musk zeigt bei Twitter beladene Autotransporter in dem belgischen Hafen. Der Europa-Start ist für Musk so wichtig, dass er neben Zeebrugge, auch das Montagewerk im niederländischen Tilburg und das Service Center in Oslo besucht. Den Markt für eine Mittelklasse-Limousine schätzt Musk in Europa doppelt so groß ein wie in den USA. Dort bevorzugen die Autofahrer große SUV und Pickup-Trucks. Insgesamt gab es 455.000 Vorbestellungen für das Model 3. Leider teilt Tesla die Zahl nicht nach Regionen auf. Auch bei der Stornoquote bleibt das Unternehmen wage. Die liege unterhalb von 20 Prozent. Angenommen es sind noch 370.000 Reservierungen, dann ist das ein Rekord in der Automobilgeschichte. Keiner der Kunden hat den Wagen vorab in Augenschein genommen, geschweige eine Probefahrt unternommen. In Europa haben die Besteller fast drei Jahre auf das Fahrzeug gewartet.
Ab 55.400 Euro zu haben
Bei der Präsentation des Fahrzeugs Ende März 2016 in Los Angeles redet Elon Musk über seinen Masterplan. Die Model S und X dienen nur dazu, ein bezahlbares Elektroauto zu finanzieren. Der Einstiegspreis sollte bei 35.000 Dollar liegen. Das hat zum Start nicht funktioniert. An meiner Performance-Variante hängt ein Preisschild in Höhe von 66.100 Euro. Es gibt in Deutschland noch eine Variante mit so genannter Langstreckenbatterie ab 55.400 Euro. In beiden Varianten verfügt die Batterie über 75 Kilowattstunden (kWh) Kapazität. Mein Auto beschleunigt für den Aufpreis in 3,5 statt 4,8 Sekunden von Null auf 100 km/h und schafft statt 230 bis zu 250 km/h. Bei beiden Varianten kommen für den Autopiloten noch 5.200 Euro hinzu. Doch die niederländische Zulassungsbehörde RWD hat ihn bei meinem Testbeginn noch nicht freigegeben. Auf meiner Fahrt von Hamburg nach Berlin lenke und beschleunige ich selbst.
Letzteres ist ein großer Spaß. Die beiden Motoren an Front- und Heckachse liefern 358 kW oder 487 PS. Trotz der 1.847 kg Gewicht ist das Model 3 eine lautlose Rakete. Aber weder Sprints noch Höchstgeschwindigkeit sind bei strömendem Regen und sechs Grad Außentemperatur auf der A24 möglich. Bei der Fahrzeugübergabe zeigt der große Bildschirm in der Mitte des Armaturenbretts 311 km Reichweite. Die Batterie ist nicht ganz voll. An meinem Testwochenende komme ich selbst bei vollständiger Ladung nicht über 490 km Reichweite. Laut WLTP-Testverfahren soll die Performance-Variante 530 km schaffen. Aber winterliches Wetter und meine Fahrweise stehen dem entgegen. Natürlich probiere ich später auf ruhigen Landstraßen und bei Ampelstarts aus, wie sich das anfühlt, wenn ich das Fahrpedal komplett durchdrücke. Es hat zwei Effekte: Ich habe ein breites Grinsen im Gesicht und der Stromverbrauch steigt sprunghaft an. Mein Verbrauch liegt bei durchschnittlich 23,4 kWh pro 100 Kilometer. Wer moderat fährt, kann einen Durchschnittsverbrauch von 15 kWh pro 100 Kilometer hinbekommen.
Mehr Auswahl beim Laden
Der Energieverbrauch ist nicht unwichtig, denn Model 3-Fahrer bezahlen für die Nutzung der Tesla-Supercharger. Jede Minute kostet 0,40 Euro, wenn die Ladeleistung über 60 Kilowatt (kW) liegt. Darunter wird die Hälfte abgerechnet. Ist der Wagen vollgeladen und bleibt an der Säule stehen, bezahlt man 0,80 Euro Blockiergebühr pro Minute. Tesla hat beim Model 3 das eigene Ladesystem durch einen CCS-Anschluss ersetzt. Die europäischen Autohersteller setzen auf das Combined Charging System. Es kombiniert zwei Pins für die Gleichstromladung mit den Kommunikationsverbindungen des Typ 2-Steckers. Darüber tauschen Fahrzeug und Ladesäule Informationen zur möglichen Ladeleistung und dem Ladezustand der Batterie aus. Noch sind nicht alle Supercharger mit CCS-Steckern ausgestattet. Laut einer von Tesla-Fahrern im Internet gepflegten Tabelle, haben bei 64 Stationen in Deutschland 41 Prozent der Ladesäulen einen CCS-Stecker.
Mit dem neuen Anschluss sind die Model 3-Besitzer nicht mehr nur auf die Tesla-Supercharger angewiesen. Sie fällen ihre Ladeentscheidung jetzt nach Nähe und Preis. Laut Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e.V. liegt Hamburg mit 834 öffentlichen Ladesäulen in Deutschland knapp vor Berlin (779). In meinem Hamburger Wohnviertel steht eine Schnellladesäule, an der ich das Model 3 für 0,27 Euro pro Kilowattstunde auflade. Mit 80 Kilometern Restreichweite dauert es etwas über zwei Stunden, bis die Batterie wieder komplett voll ist. Die Säule liefert maximal 50 kW. Das Model 3 nimmt anfänglich 43 kW und senkt im Verlauf die Leistung. Beim Ladevorgang mit Gleichstrom erhitzt die Batterie. Um ihre Langlebigkeit zu sichern, drosselt sich die Ladeleistung automatisch. Tesla-Supercharger liefern zwischen 120 und 145 kW. Bei mir steigt die Ladeleistung bei insgesamt drei Stopps nie über 90 kW. Der niederländische Betreiber von Schnellladesäulen, Fastned, zeigt bei Twitter einen Ladeverlauf, nach dem ein Model 3 bis zu 126 kW aus ihren Säulen zieht. Das müsste man auch bei Ionity schaffen, deren Ladesäulen bis zu 350 kW liefern. Der Anbieter, hinter dem sechs Autohersteller stehen, hat von 400 angepeilten Ladeparks in Europa erst 54 in Betrieb. Auf meiner Teststrecke lag keiner.
Hier profitiert das Model 3 vom Engagement der deutschen Autoindustrie. Beim Umweltbonus konnte man Tesla mit dem Nettopreislimit von 60.000 Euro weitestgehend ausschließen. Immerhin stammt die Hälfte der 1,2 Milliarden Euro im Fördertopf von der deutschen Autoindustrie. Doch das Model 3 steht erst seit dem 22. Januar 2019 auf der Liste der förderfähigen Fahrzeuge. In den zehn Tagen des Monats erhielt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 911 Anträge für den Zuschuss in Höhe von 2.000 Euro bei einem Model 3. Insgesamt war der Januar mit 6.147 Anträgen ein Rekordmonat. Mit der Förderung, die seit Sommer 2016 für Elektroautos und Plug-in-Hybride gezahlt wird, sollten bis zu 300.000 Fahrzeuge gefördert werden. Ende Januar lag die Zahl aller Anträge bei 97.645. Der Umweltbonus läuft Ende Juni 2019 aus. In den USA wurde die Steuergutschrift zu Jahresbeginn auf 3.750 Dollar halbiert. Anfang Juli halbiert sich der Betrag nochmals und läuft dann ganz aus.
Windige Autoverkäufertricks
Doch ohne staatliche Anreize wird die Eroberung des Massenmarktes für den batterie-elektrischen Antrieb eine noch größere Herausforderung. Das Angebot wirkt fast schon verzweifelt, das Elon Musk Anfang Februar auf Twitter verbreitete. Es ist eine windige Rechnung, bei der er die US-Steuergutschrift sowie gesparte Benzinkosten vom Kaufpreis abzieht, um unter die Marke von 35.000 Dollar zu kommen. Dabei handelt es sich um die “Mid Range”-Variante des Model 3 mit kleinerer Batterie und nur einem Motor. Der eigentliche Kaufpreis startet bei 44.100 Dollar. Die Zahlenakrobatik passt besser zu einem windigen Autoverkäufer, also zu dem visionären Unternehmer, der neben Tesla auch das Weltraumunternehmen Space X und das Tunnel-Projekt Boring Company leitet.
Wie anders Musk an die Sache herangeht, macht ein Blick auf das Armaturenbrett deutlich. Es ist extrem aufgeräumt. Es zieht sich ein Lüftungsschlitz über die gesamte Breite. Ansonsten ist da nur ein Lenkrad mit zwei Kugelknöpfen und ein Touchscreen in der Mitte. Der Bildschirm mit 37,5 cm Diagonale ist das zentrale Bedienelement. Weitere Knöpfe gibt es nur für den Warnblinker und die Verbindung zur Notrufzentrale. Selbst das Handschuhfach öffnet man über den Monitor.
Für die weißen Sitzbezüge (+ 1.050 Euro) würde ich mich niemals entschieden. Aber sie sehen neu toll aus und das Tageslicht aus dem zweigeteilten Glasdach schafft eine angenehme Atmosphäre im Wageninneren.
Das Auto herbeirufen
Das hat zwar nichts mit dem Antrieb zu tun, aber mit dem Model 3 gehen etliche technische Spielereien einher, die ich sehr schätze. Angefangen beim Speichern von Fahrerprofilen, so dass Sitze, Lenkrad und Außenspiegel sich nach einem Fahrerwechsel wieder anpassen. Das Vorheizen des Autos per App, unbezahlbar. Auch die Funktion “Herbeirufen” funktioniert im Zusammenspiel mit einem Smartphone. Damit holt man das Model 3 aus der Garage oder einer engen Parklücke, in dem man sich daneben stellt und das Smartphone wie eine Funkfernsteuerung bei einem Modellauto nutzt. Der Wagen setzt langsam noch vorn oder hinten, bis man bequem einsteigen kann.
Das sind große Spielkinder
Am Samstagabend stehe ich vor der Tanzschule meiner Tochter und warte. Die Zeit überbrücke ich mit alten Atari-Spielen wie Centipede, Lunar Lander oder dem Rennspiel Pole Position mit einem Tesla. Die laufen auf dem Bildschirm, gesteuert wird mit dem Lenkrad und den beiden Kugelknöpfen im Lenkrad. Auch das Kaminfeuer kann ich nur im Park-Modus starten. Das Holz knistert und langsam wird es warm im Wagen. Die Heizung springt automatisch an, um den Eindruck zu perfektionieren. Ein Fingertipp auf den Bildschirm und romantische Musik begintn. Spielkram, Quatsch, braucht kein Mensch. Stimmt vollkommen, aber es hat mich und die Leute, die während meiner Testfahrt auf dem Beifahrersitz saßen, zum Lachen gebracht. Die Krönung ist die Platzierung von virtuellen Furzkissen auf den fünf Sitzplätzen. Je nach Position kommt das Geräusch aus einem anderen Lautsprecher. Man kann es auch knattern lassen, wenn man blinkt. Unvorstellbar, dass Volkswagen oder BMW so etwas in seine Autos integriert. Aber es zeigt, wie Elon Musk und seine Ingenieure gestrickt sind. Es sind große Kinder. Das ist bei dieser neuen Antriebstechnologie genau richtig. Beim Spielen lernt man, erkennt Grenzen und findet Wege diese zu umgehen.
Autopilot plötzlich aktiviert
Mitten im Spiel öffnet sich die Beifahrertür und meine Tochter steigt ein. Wir rollen lautlos aus der Parklücke. Ich bemerke eine Veränderung auf dem Display, als ich den Tempomaten aktiviere. Der Autopilot ist jetzt verfügbar. Die Freischaltung erfolgte im Hintergrund und ohne mein Zutun. Nun lasse ich uns bei regenasser Fahrbahn und im Dunkeln vom Model 3 durch Hamburg chauffieren. Die acht Kameras, der Radarsensor sowie die 12 Ultraschallsensoren erkennen anstandslos die Fahrbahnmarkierungen als auch die Fahrzeuge in meiner Nähe. Auf dem Bildschirm werden Pkw, Lkw, Kleinbusse, Fußgänger und Motorradfahrer exakt erkannt. Der Wagen hält an Ampeln, fährt von allein wieder an und wird nicht schneller als 50 km/h. Aber der Autopilot ist eher für Autobahnen oder Landstraßen gedacht. Also probiere ich das in den kommenden Tagen aus. Auch hier arbeitet er präzise. Erkennt die angezeigten Tempolimits und hält sich dran. Ich muss nur die gewünschte Wagenlänge Abstand zum Vorausfahrenden einstellen. Lediglich einen Überholvorgang bekomme ich mit dem Autopiloten nicht hin.
Das System fordert mich regelmäßig auf, meine Hände am Lenkrad zu halten bzw. es ein wenig zu bewegen. Gehorche ich nicht, schaltet sich der Autopilot für diese Fahrt komplett ab. Natürlich hat Tesla mit der Wortwahl “Autopilot” eine Erwartungshaltung geschaffen, die das Assistenzsystem nicht erfüllt. Es ist ein Lenk- und Spurhalteassistent mit Tempomat und Abstandskontrolle. Nicht mehr, nicht weniger. Setzt der Autopilot aus, muss der Fahrer sofort übernehmen. Es gibt keine Karenzzeit. Wer meint, er könne auf dem Fahrersitz ein Nickerchen machen, handelt grob fahrlässig.
Musk tritt auf die Kostenbremse
So ein System zu entwickeln ist aufwändig. Genau wie beim Batteriemanagement, dass eine Ausgewogenheit aus Leistung und Lebensdauer realisieren muss. Diese Anlaufkosten kann Tesla nur decken, wenn die Kunden die teureren Varianten kaufen. Für die Mittelklasse-Limousine hat das Unternehmen eine dritte Fertigungslinie in einem Zelt auf dem Fabrikgelände im kalifornischen Fremont errichtet. Das ist allerdings keine dauerhafte Lösung. Um die Komplexität der Produktion zu senken, können Käufer nur zwischen zwei Innenausstattungen, zwei Reifengrößen und fünf Farben wählen. So schrieb Tesla im dritten und vierten Quartal 2018 schwarze Zahlen. Doch das Jahr beendete das Unternehmen mit einem Verlust in Höhe von 976 Millionen. Aber neun Jahre nach dem Börsengang will Elon Musk endlich ein profitables Geschäft.
Er senkt die Kosten: Sieben Prozent der Mitarbeiter, schätzungsweise 3.100 Angestellte, müssen gehen. Die Preise fürs Laden an Superchargern sollten um 35 Prozent steigen. Nach Kundenprotesten sind es nun 18 Prozent. Im Februar 2019 endete das Kundenempfehlungsprogramm. Für fünf Neukunden gab es zwei Prozent Preisnachlass beim neuen Roadster, der 2020 kommen soll. Ab 55 Kundenvermittlungen erhielt man den Sportwagen kostenlos. Laut einer einsehbaren Rankingliste müsste Tesla 77 Roadster an die fleißigsten Vermittler verschenken. Dabei kostet die “Founder Edition” des Roadsters umgerechnet 215.000 Euro.
Drehtür beim Top-Management
Seine (Kontroll-)Reise durch Europa, das Übernachten in der Fabrik während der “Produktions-Hölle” der Model 3-Anlaufphase kann man so sehen, dass sich Musk um jedes Detail kümmert. Er hat sich selbst mal als “Nano-Manager” bezeichnet, die Steigerung eines Micro-Managers. Nach Innen kann es aber auch so wirken: “Ich vertraue Euch nicht und mache es lieber selbst”. Entsprechend lebhaft ist das Kommen und Gehen im Unternehmen, vor allem auch in den oberen Etagen.
Am Ende der letzten Telefonkonferenz zu den Q4-Zahlen 2018 verkündet Musk, das der langjährige Finanzvorstand Deepak Ahuja Tesla demnächst verlässt. Der 56-jährige gehe in den Ruhestand. Für deutsche Verhältnisse geradezu ein jugendliches Alter für den Ruhestand. Dabei war es bereits Ahuja zweite Runde als CFO bei Tesla. Er leitete die Finanzabteilung von 2008 bis 2015. Dann ersetzte er 2017 seinen Nachfolger Jason Wheeler, der nur 15 Monate aushielt.
Jetzt übernimmt ein Rookie. Zach Kirkhorn ist erst 34 Jahre alt, aber bereits neun Jahre bei Tesla. Außer einem Praktikum bei Microsoft und zwei Jahren als Berater bei McKinsey steht nicht viel in seinem LinkedIn-Lebenslauf. Der Mann ist mit einem MBA der Harvard Business School gut ausgebildet, doch kennt er außer den Tesla-Zahlen wenig von der Business-Welt. Und dann spottet Musk in der Telefonkonferenz auch noch über den Master, der sei ja eigentlich nicht notwendig gewesen. Es gehört nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, wer sich in einer firmeninternen Diskussion um die Deutung und Darstellung der Zahlen durchsetzen wird.
Neubauten und Neuentwicklungen
Musk braucht weiterhin viel Geld für Investitionen: Derzeit entsteht eine Gigafactory für die Batterie- und Autoproduktion in Shanghai. Über kurz oder lang wird eine derartige Fabrik auch in Europa benötigt. Im Sommer steht die Präsentation des Model Y an. Es soll im Vergleich zum Model X ein kleineres, kompakteres SUV werden. Der Sattelschlepper Tesla Semi soll bis 2020 Serienreife erlangen. Die weltweit 378 Service Center sind hoffnungslos überlaufen. Das wird mit den Auslieferungen und Nachbesserungen beim Model 3 noch schlimmer. Das Unternehmen setzt auf mobile Werkstattwagen. Das sind umgebaute Lieferwagen als auch Model S, die zum Kunden nach Hause fahren. Um 85 Prozent, auf 411 Fahrzeuge, wuchs die Flotte im vergangenen Jahr. Die Ersatzteil-Logistik wird überarbeitet. Elon Musk berichtet in einer telefonischen Analystenrunde von dem skurrilen Fall, dass Ersatzteile vom chinesischen Zulieferer an die Ostküste der USA geliefert wurden, um dann wieder an Service Center nach China verschickt zu werden.
Kürzlich hat Maxwell Technologies einem Übernahmeangebot von Tesla zugestimmt. Das Unternehmen aus San Diego stellt Superkondensatoren her. Sie können Energie in sehr kurzer Zeit aufnehmen und wieder abgeben. Das ersetzt keine Batterie, aber könnte beispielsweise einem schweren Fahrzeug beim Anfahren helfen. Außerdem arbeitet Maxwell an der “trockenen Elektrode”, die Produktionskosten einer Batterie senken und die Lebenszeit verlängern könnte. Diese Technologie gilt als wichtiger Schritt zur Festkörperbatterie, der nächsten Evolutionsstufe in der Elektromobilität. Tesla bezahlt die 218 Millionen Dollar für Maxwell in Aktien. Das Unternehmen muss seine Barreserven für die Rückzahlung einer Anleihe in Höhe von 920 Millionen Dollar im März aufsparen.
Sprachbefehle ignoriert
Meine Performance-Variante hat ein tiefergelegtes Fahrwerk, was sich in einer harten Federung bemerkbar macht. Mich stört es nicht, aber es wäre schön, wenn man nachjustieren könnte. Vor allem, wenn der Wagen voll besetzt ist. An der Verarbeitungsqualität kann ich nichts aussetzen. Das erste Elektroauto von Tesla fuhr ich 2013. Im Vergleich zum damaligen Model S fallen Materialien und Verarbeitung um Längen besser aus. Dennoch entdecke ich auf meinen 1.200 Testkilometern einige Dinge, bei Tesla nachbessern sollte. Der Regensensor und die Intervallschaltung sind vom deutschen Niederschlag überfordert. Bei jedem Überholen eines Lkws muss ich über den Bildschirm das Scheibenwischertempo erhöhen.
An die zentrale Benutzung des Bildschirms hat man sich schnell gewöhnt. Doch wenn es hektisch wird und man durch Vibrationen beim Fahren mit dem Finger nicht das richtige Feld trifft, wird man unruhig. Die Sprachsteuerung sollte Ansagen wie: “Wischer schneller” oder “Frontscheibe freipusten” umsetzen. Bislang ist Sprachsteuerung nur auf drei Dinge ausgelegt: Ziele im Navi finden, Musiktitel abspielen und Kontakte aus dem Telefon anrufen. Bei meinem Test hat sie allerding auf ganzer Linie versagt. Das System erkennt meine gesprochenen Befehle und zeigt sie korrekt auf dem Bildschirm an. Doch keiner meiner diversen Wünsche wird umgesetzt.
Speicherbatterien und Solarzellen
Tesla hat im vergangen Jahr 245.500 Elektroautos ausgeliefert. Das teilt sich auf in 146.000 Model 3 und 99.500 Model S und X. Im laufenden Jahr sei ein Wachstum von mindestens 50 Prozent drin, so Elon Musk gegenüber Analysten. Das Unternehmen baut ja nicht nur Autos. Musks Mission ist der Übergang zur nachhaltigen Energieversorgung. Mit 1,04 Gigawattstunden Speicherkapazität hat das Unternehmen 2018 das Speichervolumen in stationären Batterien fast verdreifacht. Die Sparte legt beim Umsatz im Jahresvergleich 40 Prozent zu. Dazu trug auch eine neue Fertigungslinie in der Fabrik in Nevada bei, die vom aufgekauften deutschen Automationsunternehmen Grohmann stammt. Lediglich die bereits 2016 präsentierten Dachziegel mit integrierten Solarzellen fristen ein Schattendasein. Im Quartalsbericht heißt es lapidar: “Wir planen eine massive Produktionssteigerung im Laufe des Jahres 2019 mit verbesserten Herstellungskapazitäten.”
Wasser läuft in den Kofferraum
Der größte Bedarf für Nachbesserungen im Model besteht beim Kofferraum. Mit 340 Litern ist mir der geräumig genug. Zwei große Reisekoffer finden bequem Platz. Ein Staufach unterhalb der Ladefläche nimmt, Verbandskasten, Warnweste sowie die Kabel für Schuko-Steckdosen und Typ 2-Stecker auf. Auch die Ladekante ist mir mit 67 cm nicht zu hoch. Es ist das Wasser, das mich stört. Bei starkem Regen sammeln sich Tropfen auf der Kofferraumklappe und der Heckscheibe. Beim Öffnen fließt das Wasser von der Klappe auf die Scheibe und von dort nach unten. Am Ende der Scheibe ist eine Gummilippe, die das Wasser nach links und rechts ableiten soll. Leider haben die Ingenieure sie für deutsche Regenverhältnisse zwei Nummern zu klein ausfallen lassen. Das Wasser läuft über die Lippe in den Kofferraum. In meinem Fall sucht sich das Wasser auf der rechten Seite einen Weg durch die Karosserie und tritt im Kofferraum wieder aus. Deswegen werden die Tesla Service Center viel mit Nachbesserungen zu tun bekommen.
Model 3 Fertigung in China
Während die Auslieferung der 4,70 Meter langen Limousine in Europa weitestgehend problemlos anläuft, bereitet der Handelsstreit zwischen den USA und China dem Elektroautohersteller Ärger. Der Bordcomputer für das Model 3 stammt aus China. Tesla hat bei gleicher Leistung und Preis keinen anderen Lieferanten gefunden. Somit werden 25 Prozent Zoll auf das Bauteil fällig. Für die fertigen Model 3, die nach China geliefert werden, müssen 15 Prozent Zoll bezahlt werden. Entsprechend ehrgeizig ist Musk, was seinen Produktionsstart in Shanghai angeht. Beim Spatenstich im Januar im Stadtteil Lingang äußert er die Hoffnung, dass noch in diesem Jahr Model 3 vom Band rollen. Seinen Preis-Limbo wird Musk nur hier erfolgreich absolvieren können. Mit hohem Automationsgrad und niedrigen Personalkosten wird das 35.000 Dollar Model 3 erst in Shanghai Realität.