Maingau Energie sowie Family Offices und namhafte Angel-Investoren beteiligen sich an Elvah. Der Flatrate-Ladetarif-Anbieter will mit dem hohen einstelligen Millioneninvest sein Geschäftsmodell erweitern. Das Unternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Grafschaft plant E-Autos zur größten “rollenden Powerbank” als Energiespeicher zusammenzuschließen.
Dabei koordiniert eine Softwarelösung die Speicherung erneuerbarer Energie in den angeschlossenen E-Autos. Die Fahrzeuge geben den Strom bei Bedarf an einen Haushalt oder das Stromnetz wieder ab. Eine genaue Zahl an E-Autos, die Elvah im ersten Schritt bündeln möchte, nennt CEO Gowrynath Sivaganeshamoorthy nicht: “Virtuelle Flottenkraftwerke sind schon mit zweistelligen Fahrzeugflotten darstellbar. Die bisherigen bekannten Vehicle-Grid-Integration Tests wurden in Flotten mit einer Größe von 20 bis 100 Fahrzeugen durchgeführt.“
Energie- und Mobilitätssektor miteinander verbinden
Die Kopplung von Energie- und Mobilitätssektor könnte eine der größten Herausforderungen der Energiewende lösen: Produktion und Nutzung fallen bei erneuerbaren Energien oft zeitlich auseinander. Der Wind bläst tagsüber besonders stark, gleiches gilt für den Sonnenschein. Am Abend, wenn die meiste Energie in Privathaushalten benötigt wird, sinkt die Energieproduktion auf ein Minimum. Man benötigt Pufferspeicher. „Dabei bilden die flexibel nutzbaren Batterien von Elektroautos einen Schlüsselfaktor, um den Anforderungen des Strommarktes von morgen zu begegnen. Wir freuen uns deshalb sehr, mit Elvah einen innovativen Partner gewonnen zu haben, der, genau wie die Maingau Energie, an vielfältigen Lösungen für den Strommarkt der Zukunft arbeitet,“ sagt Richard Schmitz, Geschäftsführer der Maingau Energie GmbH.
Fehlender Standard beim bidirektionalen Laden
Noch hat sich beim bidirektionalen Laden kein Standard herauskristallisiert. Volkswagen schaltet noch im Laufe des Jahres die Funktion in einigen seiner ID-Modelle frei und setzt dabei auf Gleichstrom. Hyundai ist an diversen Testprojekten beteiligt und setzt auf die Abgabe von Wechselstrom. “Wir werden, soweit es die Wallboxen und Fahrzeuge zulassen sowohl Wechsel- als auch Gleichstrom testen. Außerdem werden wir auch alle Automodelle unterstützen, die bidirektionales Laden ermöglichen. Eine Vielzahl an Automodellen ist bereits dazu in der Lage, die technischen Voraussetzungen sind definitiv gegeben. Das größte Hindernis, das es derzeit zu überwinden gilt, sind die politischen Regularien und die technischen Voraussetzungen auf Seiten der Wallboxen“, sagt Sivaganeshamoorthy.
Energiespeicher existieren für den Gesetzgeber nicht
Zwar regelt die Norm ISO 11518-20 technisch das bidirektionale Laden, doch bestehen regulatorische Hürden im deutschen Strommarkt. Das Gesetzt kennt nur Erzeuger, Transporteure und Verbraucher im Energiemarkt. Speichers sind bislang nicht vorgesehen. Die stationären Energiespeicher arbeiten aktuell mit Ausnahmegenehmigungen. Mobile Speicher sind überhaupt nicht vorgesehen. Hinzu kommt, das die Netzbetreiber auf separate Stromzähler bestehen, falls in einem Haushalt Photovoltaikanlage, Heimspeicher und E-Auto aktiv sind. Um die Situation zu ändern hat sich im Herbst 2021 die “Initiative Bidirektionales Laden“ mit Unternehmen aus der Automobil-, Energie- und Ladeinfrastrukturbranche gebildet.
Strompreise senken
Wer die Batterie seines E-Autos als Energiespeicher zur Verfügung stellt und Energie ans öffentliche Stromnetz abgibt, sollte dafür bezahlt werden. Schließlich altert seine Batterie mit jedem vollständigen Ladezyklus. “Zu eventuellen Vergütungen der Autohalter:innen können wir derzeit nicht sagen. Wir starten im Laufe des Jahre zunächst mit einer Pilotphase mit einigen Kund:innen gemeinsam mit unserem Partner Maingau Energie. Was wir aber bereits sagen können: Ein stabiles und bedarfsgesteuertes Netz wirkt sich direkt auf die Stromkosten aus. Mit bidirektionalem Laden arbeiten wir gegen Energiespitzen, was sich positiv auf die Stromkosten der einzelnen Konsument:innen auswirkt. Auch beeinflusst das die derzeit konstant steigenden Strompreise“, sagt der CEO.
Elvah bildet Beirat mit neuen Investoren
An der Elvah-Finanzierung beteiligt sich neben Maingau Energie auch die Thies Gruppe, das Family Office der Familie Thies. Hinzu kommen noch weitere Angel-Investoren aus der Tech-, Automotive- und Mobilitätsbranche. Aus dem Kreis der Investoren entsteht ein Beirat, der Elvah beratend zur Seite steht. Er setzt sich unter anderem zusammen aus Frank Lindenberg, Mitglied des Verwaltungsrats bei Lucid Motors und ehemaliger Finanzvorstand der Mercedes Benz AG. Caen Contee, Mitgründer des Mobility-Unicorns Lime sowie Serien-Unternehmer Mattias Protzmann, u.a. Mitgründer von Statista.
Im ersten Halbjahr wuchs Elvah über Plan und hat dabei den für das Jahr 2022 zu erreichenden Marktanteil bereits heute übertroffen. „Dadurch haben wir uns zu einem der führenden Elektromobilitätsanbieter in Deutschland entwickelt und sind bereit für den nächsten Schritt“, so Sivaganeshamoorthy. Elvah ermöglicht das Laden eines Elektroautos per App, ohne RFID-Karten und legt mittels KI-basierten Empfehlungen für Ladesäulen. In den kommenden zwölf bis 18 Monaten wird das Start-up neben dem Ausbau hin zur verlässlichsten Lade-App Europas und der Erweiterung seines Angebots im B2B- und Flottenbereich den Grundstein legen, eine effiziente Nutzung von Elektrofahrzeugen im Stromnetz zu ermöglichen.