Audi verbessert die Ladefähigkeit seiner e-tron-Modelle. Ab Herbst 2020 wird optional ein zweites Onboad-Ladegerät angeboten. Damit verdoppelt sich die mögliche Ladeleistung mit Wechselstrom (dreiphasig) von 11 auf 22 kW. Rechnerisch wäre die Batterie (86,5 kWh netto / 95 kWh brutto) damit in unter vier Stunden vollständig geladen. Perfekt für einen Arbeitstag im Büro oder über Nacht daheim in der Garage. Die maximale Ladeleistung an Gleichstromanschlüssen bei unverändert. Schnellladen ist mit maximal 150 kW möglich.
Plug & Charge bei Ionity
Noch müssen alle Elektroauto-Fahrer, die keinen Tesla fahren, beim Laden eine Ladekarte oder einen Schlüsselanhänger mit Chip an ein Lesegerät der Ladesäule halten. Damit authentifizieren sie sich und ermöglichen dem Anbieter eine Abrechnung der Energie. Dieser Datenaustausch zwischen Fahrzeug und Ladesäule könnte auch über das Ladekabel erfolgen.
Ab 2021 bieten die VW-Konzernmarken Audi und Porsche das sogenannte Plug & Charge-Verfahren bei Ionity an. Die Marken gehören zu den Anteilseignern des europäischen HPC-Ladenetzwerks. Somit ist hier der Datenaustausch zur Abrechnung des Ladevorgangs einfacher umzusetzen, als bei der Vielzahl an Ladessäulen- und Ladekarten-Anbietern. Somit startet der Ladevorgang beim e-tron nach Anschluss an einer Ionity-Säule automatisch.
Die Audi Techniker betonen immer wieder, wie wichtig die Ladekurve bei einem Elektroauto ist. Nur wenn die Ladeleistung möglichst lange konstant hoch bleibt, kann der Fahrer schnell weiter fahren. Der Audi e-tron 55 soll an einer HPC-Säule von Ionity nach 45 Minuten zu 100 Prozent geladen (SoC) sein. Die Grafik zeigt, dass die Ladekurve eines ungenannten Wettbewerbers deutlich früher einknicken. Auch eine Ladekurve des niederländischen Ladeanbieters Fastned zeigt, dass der e-tron bis 80 Ladekapazität (SoC) recht konstant Energie lädt. Im Vergleich dazu bricht die Ladeleistung der Tesla Model S/X Long Range bereits nach 40 Prozent SoC deutlich ein, so die Fastned-Messung.
Beim Model 3 bietet Tesla inzwischen eine Ladeleistung bis zu 250 kW. Das schafft auch der Porsche Taycan. Theoretisch sind Ladeleistungen bis zu 350 kW möglich, doch entsprechende Ladesäulen werden erst im Laufe des Jahres 2021 flächendeckend verfügbar sein.
Im Fahrbetrieb ist der Audi e-tron nicht das energieeffizientes Elektroauto. Bei meiner Testfahrt lag der Durchschnitt bei 24,2 kWh pro 100 km. Die Tesla-Modelle liegen meist unter der Marke von 20 kWh. Doch für ein 2,6 Tonnen schweren SUV ist Wert nicht überraschend.
Reichweite um 25 km erhöht
Immerhin haben die Audi-Ingenieure die Reichweite beim e-tron 55 bereits um 25 auf 436 Kilometer (WLTP) erhöht. Durch eine neue Radbremse verringerten die Entwickler das so genannte Restbremsmoment – Verluste, die durch die Nähe der Bremssättel zur Bremsscheibe entstehen.
Im normalen Fahrbetrieb sorgt standardmäßig der Motor an der Hinterachse für Vortrieb. Inzwischen wird der vordere Elektromotor nahezu vollständig abgekoppelt und stromlos geschaltet. Erst wenn der Fahrer mehr Leistung anfordert, kommen beide Motoren wieder zum Einsatz. Das stromlose Mitlaufen ohne elektrische Schleppverluste, der große Konzeptvorteil des Asynchronmotors, kommt besser zur Wirkung.
Gesteigerte Schubrekuperation
Das Rekuperationssystem trägt bis zu 30 Prozent zur Gesamtreichweite bei. Der Audi e-tron kann auf zwei Arten Energie zurückgewinnen: über die Schubrekuperation, wenn der Fahrer vom Fahrpedal geht, oder über die Bremsrekuperation, wenn er aufs Bremspedal tritt. In beiden Fällen arbeiten die Elektromotoren als Generator und wandeln Bewegungsenergie in elektrische Energie um. Bei Verzögerungen bis 0,3 g – das ist im Alltagsbetrieb zu mehr als 90 Prozent der Fall – wird die Batterie von den Elektromotoren geladen.
Das Rekuperationssystem regelt die Energierückgewinnung zwischen den beiden E-Motoren variabel – sowohl im Schub, als auch beim Bremsen. Der Grad der Schubrekuperation lässt sich über Wippen am Lenkrad in drei Stufen wählen, was auf Wunsch ein stärkeres One-Pedal-Feeling erzeugt. Bei einer Bremsung aus 100 km/h kann der Audi e-tron mit bis zu 300 Nm und 220 kW rekuperieren. Das sind mehr als 70 Prozent seiner Antriebsleistung.
Kühlung der Batterie
Ein aufwändiges Thermomanagement der Batterie ist die Basis für eine ausgewogene Performance und Haltbarkeit. Die Flüssigkeitskühlung sorgt dafür, dass sich die Batterietemperatur bei hoher Belastung oder tiefen Temperaturen im optimalen Wirkungsbereich von 25 bis 35 Grad Celsius bewegt. In den insgesamt 40 Metern Kühlleitungen der vier Kühlkreisläufe zirkulieren 22 Liter Kühlmittel.
Beim Gleichstromladen mit 150 kW führt kaltes Kühlmittel die Wärme ab, die durch elektrische Innenwiderstände in der Batterie entsteht. Das Herzstück des Kühlsystems sind Strangpressprofile – optisch vergleichbar mit einem Lattenrost – die von unten an das Batteriesystem geklebt sind. Ein neu entwickelter, wärmeleitfähiger Klebstoff verbindet die Kühleinheit mit dem Batteriegehäuse. Den Kontakt zwischen Gehäuse und den darin platzierten Zellmodulen stellt wiederum der sogenannte Gap-Filler her – ein wärmeleitfähiges Gel, das unter jedem Zellmodul den Zwischenraum zum Gehäuse füllt. Es leitet die entstehende Abwärme der Zellen gleichmäßig über das Batteriegehäuse in das Kühlmittel.
Die räumliche Trennung von kühlwasserführenden Elementen und Batteriezellen erhöht zudem die Sicherheit des Gesamtsystems. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser aufwändigen Konstruktion ist die hohe Widerstandskraft im Crashfall.