Erster Blick auf Luxus-Sportwagen PF0 von Pininfarina

PF0 im Design-Studio von Pininfarina

Das italienische Design-Studio Pininfarina baut sein erstes eigenes Auto. Arbeitstitel: PF0 (Pininfarina Zero). Dafür wurde Anfang des Jahres die Marke Automobili Pininfarina gegründet. Der limitierte Luxus-Sportwagen wird erst im März 2019 auf dem Genfer Autosalon präsentiert, doch Drehmoment blickte bereits hinter den Vorhang in Cambiano.

„Wir können die Form des Wagens deutlicher sprechen lassen“, sagt Luca Borgogno, der Design Director von Automobili Pininfarina. „Wir haben weniger Ein- und Auslässe als bei einem Verbrenner“, begründet er die Gestaltungfreiheit. Die Aussage überrascht, doch als das blaue Tuch vom Showcar verschwindet, wird klar was er meint. Die Seitenlinie wirkt wie mit einem durchgängigen Bleistiftstrich gezeichnet. Die Einlässe zum Kühlen der Bremsen sind gut verborgen. Lediglich die Einbuchtung vor dem hinteren Radkasten unterbricht das stimmige Bild. „Das sind sexy Hüften“, sagt der Designer und grinst. Was wie eine Delle in der Karosserie wirkt, hat keine aerodynamischen, sondern optische Gründe. Hier brechen sich Lichtreflexionen, so dass die Seite interessanter wirkt.

Michael Perschke, Paolo Pininfarina
Michael Perschke, CEO Automobili Pininfarina, und Paolo Pininfarina, der Enkel des Gründers, vor dem PF0 Showcar in Cambiano

Fotos darf man von dem Sportwagen nicht schießen. Mein Smartphone verschwindet beim Betreten des Design-Studios in Cambiano bei Turin in einer blickdichten Hülle. Der PF0, so der Arbeitstitel, wird erst im März 2019 auf dem Genfer Autosalon der Öffentlichkeit präsentiert. Bislang durften nur potentielle Käufer in Turin und beim Oldtimer-Treff in Pebble Beach einen Blick auf das Showcar werfen. Die Werte des Fahrzeugs sind beeindruckend: 1.900 PS, 2.300 Nm Drehmoment, unter zwei Sekunden auf 100 km/h und in zwölf Sekunden auf 300 km/h. Erst bei 350 km/h ist Schluss. Genauso beeindruckend ist der Preis: 1,9 Millionen Euro. Doch das beeindruckteste ist die Antriebsart. Pininfarina hat in 88 Jahren Firmengeschichte 1.600 Automodelle gestaltet und unzählige Konzeptautos entworfen. Sie alle einen leistungsstarke Verbrennungsmotoren. Doch der PF0 wird ein Sportwagen mit vier Elektromotoren. „Wir wissen nicht, wie sehr wir in Zukunft autonom fahren. Doch eins ist klar, die Zukunft ist elektrisch“, sagt Paolo Pininfarina im Gespräch. Der 60-jährige ist der Enkel des Gründers Battista Farina und Aufsichtsrat der Pininfarina SpA. Im Frühjahr 2018 nahmen die Italiener 20 Millionen Euro in die Hand und gründeten in München Automobili Pininfarina. „Wir wären eine Me-too-Company geworden, hätten wir auf einen Verbrenner gesetzt“, sagt Michael Perschke, CEO der Auto-Tochter.

Geld aus Indien für ein elektrisches Hypercar

Perschke war etliche Jahre bei VW und hat zuletzt den Vertrieb für Audi in Indien geleitet. Aus dieser Zeit kennt er Anand Mahindra. Der Inder ist Chairman der Mahindra Group. Das Industrie-Konglomerat verfügt auch über eine Autosparte. Mahindra hält seit 2015 als strategischer Investor die Mehrheit an Pininfarina SpA mit seinen 650 Mitarbeitern. Mit Unterzeichnung der Verträge versprach Anand Mahindra beim Handschlag mit Paolo Pininfarina, den Traum des Gründers zu realisieren: Ein eigenes Auto mit dem Pininfarina-Logo auf der Motorhaube. Battista „Pinin“ Farina gründete 1930 das Unternehmen in Turin. Sein Spitzname „Der Kleine“ (Pinin) wurde 1961 offiziell Teil des Nachnamens als auch der Firmierung. Doch als Logo blieb bis heute ein F für Farina. Das Unternehmen entwarf unzählige Modelle für Hersteller wie Ferrari und Maserati, Bentley und BMW. Doch bauten die Turiner nie ein eigenes Auto. Das übernehmen jetzt die Münchner. Sie liefern Ende 2020, zum 90. Firmenjubiläum, den Sportwagen mit einem modernisierten F-Logo über dem LED-Lichtband auf der Fronthaube aus. Gebaut werden die 150 Exemplare mit einer Kohlenfaser-Karosserie in Cambiano. Jeweils 50 Fahrzeuge sind für den Verkauf in Nordamerika, Europa sowie Naher Osten und Asien vorgesehen. „Nach Pebble Beach haben wir in den USA bereits für 60 Prozent Vorbesteller“, sagt Michael Perschke. Er hat sein Führungsteam um erfahrene Automanager mit Stationen bei Porsche, BMW und Volvo erweitert.

Luca Borgogno Designer
Design Director Luca Borgogno erläutert Dirk Kunde (Drehmoment) das Konzept des PF0

Italienisches Design, kroatischer Antrieb

Doch werden die Auto-Manager und Ingenieure nicht alles selbst entwickeln. Die Antriebseinheit kaufen sie bei Rimac. Auch die Batterieentwicklung wird in Kooperation mit der kleinen kroatischen Manufaktur erfolgen. Wirft man einen Blick auf den Batterie-Block für den Rimac Concept Two, wird deutlich, dass den Designern doch nicht so viel Freiraum bei der Gestaltung der äußeren Form als auch beim Platz von Fahrer und Beifahrer bleiben. Luca Borgogno antwortet auf die Frage nach dem Stauraum mit: „Maximal ein Cabin Trolley.“ Er hat sich gegen Kamera-Außenspiegel entschieden, weil innen kein Platz für weitere Displays ist. Mit einer VR-Brille vor den Augen und in einem Holzmodell sitzend, erhalte ich einen Eindruck vom zukünftigen Innenraum. Der Fahrer blickt durchs Lenkrad auf die Tempoanzeige. Links und rechts vom Lenkrad zeigen Touch-Displays Fahrzeuginfo als auch Infotainment-Angaben. Mit einem Drehrad unterhalb der Displays wählt der Fahrer auf der linken Seite den Fahrmodus (Straße oder Rennstrecke). Auf der rechten Seite setzt man das Automatikgetriebe in den Vorwärts- oder Rückwärtsgang.

Powertrain und Batterie von Rimac

1.900 PS verteilt auf vier Motoren

Das Konzept des PF0 ist mit „Pura“ überschrieben. Gemeint sind damit Reinheit, Seltenheit und Schönheit (Purity, Rarity, Beauty). „Mit Reinheit meinen wir nicht nur die Form, sondern auch das abgasfreie Fahren“, so Borgogno. Durch die Limitierung wird man ihn selten auf der Straße sehen. Schön ist der Wagen, wenn auch bis zur offiziellen Vorstellung noch einiges verändert wird. Noch ist der CCS-Ladeanschluss an der Seite. Der wird ans Heck verlegt. Mit welcher Leistung der PF0 Energie aufnimmt, verrät niemand. Es fällt der Name des Ladenetzbetreibers Ionity. An dessen Säulen kann man mit bis zu 350 kW laden. Mit einer Batterieladung soll der Fahrer knapp unter 500 Kilometer schaffen. Noch besteht der Heckflügel aus zwei Teilen. Die werden in der finalen Version verbunden, um mehr Steifigkeit zu erhalten. Bei hohem Tempo fährt der Flügel nach oben aus und kippt ab, um den Wagen auf die Straße zu drücken. Zwei Motoren mit 450 kW Leistung an den Fronträdern und zwei mit 550 kW arbeiten an den Hinterrädern. Über Torque Vectoring wird das Drehmoment präzise auf jedes einzelne Rad verteilt. Nur so können normale Autofahrer das elektrische Geschoss überhaupt auf der Straße halten. 1.900 PS sind das Doppelte eines aktuellen Formel 1-Rennwagens.

Nick Heidfeld macht den PF0 fahrbar

Hier kommt Nick Heidfeld ins Spiel. Der Rennfahrer hat 12 Jahre Erfahrung in der Formel 1 und fünf Jahre in der Formel E. Dort fuhr er zuletzt für das Mahindra-Team. Doch der 41-jährige Mönchengladbacher wird den PF0 nicht nur für normale Menschen „fahrbar“ machen, sondern hat sich in allen Entwicklungsbereichen ein Mitspracherecht erbeten: „Ich interessiere mich neben Autos auch für Kunst und schöne Dinge. Da macht es mir extrem viel Spaß in diesem Team zu arbeiten und von Anfang an meine Vorstellungen mit einzubringen.“ Bis er erste Testfahren absolvieren kann, dauert es noch bis zum zweiten Quartal 2019. Automobili Pininfarina kooperiert in der Entwicklungsphase auch mit dem Mahindra Rennteam aus der Formel E.

Für Design-Chef Borgogno ist der PF0 eine einmalige Herausforderung. Ein elektrischer Sportwagen ist ein weißes Blatt für Pininfarina. Gleichzeitig hat das Design-Studio mit dem Cisitalia (1947), dem Lancia Florida II (1957), dem Ferrari Modulo (1970) als auch dem Maserati Quattroporte (2003) automobile Denkmäler geschaffen. Gefragt, ob ihm der Druck manchmal schlaflose Nächte bereite, nickt Borgogno und lacht: „Ja, schon. Es ist keine leichte Aufgabe. Aber wir sind in der glücklichen Lage, dass wir alle Inspirationen vor unserem geistigen Auge haben. Wir müssen die jetzt nur noch in der richtigen Reihenfolge zusammensetzen.“

Nick Heidfeld
Der ehemalige Formel 1 und Formel E Rennfahrer Nick Heidfeld arbeitet an der Entwicklung mit und wird als Testfahrer das elektrische Geschoss für normale Menschen “fahrbar” machen.
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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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