Bringt BMW nun doch ein Wasserstoff-Auto in Serie?

BMW iX5

Ein Auto mit Wasserstoff im Tank und Brennstoffzelle unter der Haube aus deutscher Produktion wäre eine echte Neuheit. Das gibt es bislang im Pkw-Bereich nicht. Lediglich Hyundai (Nexo) und Toyota (Mirai) bieten hierzulande Serienfahrzeuge zum Kauf an. BMW will das ändern – eigentlich schon seit knapp zehn Jahren. Angeblich steht Anfang September eine Ankündigung ins Haus, nach der BMW die Technik von Toyota übernimmt.

Schon heute verwendet BMW in seiner Testflotte Tanks und Brennstoffzellen der Japaner, die im Mirai zum Einsatz kommen. Batterie und E-Motor kommen aus eigener Fertigung. Damit könnte die bayrische Marke bereits “in wenigen Jahren” ein E-Auto mit Wasserstoff anbieten. Man fragt sich, warum sollte das mit vorhandener Technik noch so lange dauern? BMW zeigt seinen iX5 mit Wasserstoff (Hydrogen) seit fünf Jahren auf jeder Messe (Das Titelbild entstand im April 2024 bei der China Auto Show in Peking). Journalisten bekommen die Wagen zum Testen ausgeliehen. Nur mit der Serienfertigung hadert BMW seit langer Zeit und das hat mehrere Gründe, auch wenn BMW-Chef Oliver Zipse von der Idee nicht lassen mag.

„Wasserstoff ist das fehlende Puzzleteil für emissionsfreie Mobilität, denn eine einzige Technologie wird nicht ausreichen, um klimaneutrale Mobilität weltweit zu ermöglichen.“

Oliver Zipse – Vorstandsvorsitzender BMW AG

Wasserstoff vs. Batterie

Das E-Auto mit Batterie nimmt seine Energie “gebrauchsfertig” mit. Das Wasserstoff-Auto erzeugt Energie während der Fahrt. Kommen gasförmiger Wasserstoff und Sauerstoff aus der Umgebungsluft in der Brennstoffzelle zusammen, passiert eine chemische Reaktion. Dabei wird Energie freigesetzt, die den Motor antreibt. Als Nebenprodukt entsteht Wasser bzw. Wasserdampf.

Der ganze Prozess von der Wasserstofferzeugung mit grünem Strom über den Transport zum Zwischenlager und weiter zur Tankstelle benötigt allerdings viel Energie. Es geht weiter mit dem Komprimieren und Kühlen auf minus 259 Grad Celsius, damit ausreichende Mengen in Transporter und Lagertanks passen. Hier hilft ein Vergleich: Von 100 kWh, die an einem Windrad erzeugt werden, kommen rund 80 kWh zum Antrieb im E-Auto mit Batterie an. Die Differenz sind Widerstände beim Leitungstransport sowie Ladeverluste. Im Wasserstoff-Auto kommen rund 30 kWh für den Antrieb an. Die Differenz ist der Energieaufwand für Erzeugung, Transformation, Kühlung, Kompression und Lagerung. Das alles ist Physik und wird sich, wenn überhaupt, nur in kleinem Maß verbessern lassen.

Effizienzvergleich: Nach eine Berechnung von Volkswagen steht es 76 zu 30 für die Batterie

Zulassungszahlen: 263 zu 524.000

Ein Markt für Wasserstoff-Autos hat sich in Deutschland nie entwickelt. Im vergangenen Jahr wurden laut Kraftfahrtbundesamt 524.000 E-Autos mit Batterie und 263 mit Brennstoffzelle zugelassen. In diesem Jahr waren es gerade mal 73 Stück. Das liegt zum einen am geringen Autoangebot. Wie gesagt, nur der koreanische Hersteller Hyundai hat mit dem Nexo einen Pkw im Konfigurator. Dazu kommt noch der Mirai von Toyota.

Hier beginnt das Henne-Ei-Dilemma: Ein kleines Angebot an Autos bedeutet ein schmales Angebot an Tankstellen. Die Vereinigung H2 Mobility hat lange Zeit eine dreistellige Zahl an Wasserstofftankstellen angekündigt, allerdings nie erreicht. Blickt man heute auf die Webseite, sind zum Zeitpunkt der Artikelveröffentlichung bundesweit nur 75 Wasserstoff-Tankstellen verfügbar. Es werden immer weniger.

21,54 Euro pro 100 km

Bei vielen dieser Tankstellen liegt der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff bei 17,95 Euro. Laut Angabe von BMW benötigt der iX5 1,2 kg Wasserstoff auf 100 km. Das bedeutet mit dem Wasserstoff-SUV kosten 100 Kilometer 21,54 Euro. Batterieelektrisch sind es bei einem Durchschnittsverbrauch von 20 kWh pro 100 km bei einem Kilowattpreis von 0,70 Euro für öffentliches Schnellladen 14 Euro für 100 km. Wer daheim lädt, zahlt etwas in der Region von 0,30 Euro pro kWh. Dann kosten die 100 km nur noch 6,00 Euro.

Die BMW-Ankündigung überrascht auch, weil Toyotas Technikchef Hiroki Nakajima nach der vergangenen Tokio Motor Show im Oktober 2023 im Interview mit Autocar zugab, dass man mit den Verkaufszahlen des Mirai nicht zufrieden sei. Auch in Japan liegt es an der zu geringen Zahl der Tankstellen. Toyota wolle sich auf den Transportsektor konzentrieren. Sucht der größte Autokonzern der Welt eventuell einen Käufer seiner Brennstoffzellen-Sparte und da kommt BMW gerade recht?

Hyundai Nexo im Drehmoment Test

Es fehlen weitere Autohersteller

Im Pkw-Bereich hat Wasserstoff keine Chance, so lange keine europäischen, chinesischen und nordamerikanischen Automarken auf diesen Zug aufspringen. Und danach sieht es nicht aus. Der Preisverfall bei Lithium-Ionen-Batterien bzw. die Steigerung der Leistung verlief zu rasant. Zudem wurde inzwischen viel Geld in den Aufbau einer Ladeinfrastruktur mit Schnellladern investiert. Den parallelen Aufbau für Wasserstoff-Säulen mag keiner der Beteiligten so recht angehen. Zudem haben wir uns in Deutschland für zwei Systeme entschieden. Pkw tanken mit 700 bar Druck, Lkw mit nur 300 bar. Somit kann ein Pkw nicht einfach an die LKW-Zapfsäule fahren und umgekehrt.

Auch eine fragliche Zukunft im Lkw

Bleibt also nur der Schwerlastverkehr. Immer wieder liest man, Wasserstoff bekomme seine große Chance als Energiespeicher im Lkw. Nur leider sieht die Realität auch hier anders aus. Im Regionalverkehr, also dem Verteilverkehr in Ballungsräumen, hat sich bei kleineren Lastwagen ebenfalls die Batterie durchgesetzt. Im Fernverkehr ist die Entscheidung noch nicht gefallen, aber es gibt klare Indizien: Der ehemalige CEO von ChargeX ist aktuell als E-Trucker auf den Autobahnen unterwegs. Schaut Euch mal seine Videos aus. Sein Fazit aus der Praxis fällt eindeutig aus.

Dann fahre ich demnächst beim E.ON eTruckathon von Essen nach Hannover mit. Von 12 Teams gehen nur zwei mit Wasserstoff im Tank an den Start. Ziel ist das Messegelände in Hannover, wo im September die IAA Transportation stattfindet. Mal schauen, was auf der Messe die “Nase vorn hat”. Batterie und Wasserstofftank?

Wo Wasserstoffeinsatz Sinn ergibt: Schifffahrt und Stahlerzeugung sind gute Einsatzfelder

Nachtrag: Hier die offizielle Ankündigung von BMW und Toyota. Ab 2028 soll ein Serienfahrzeug von BME mit Wasserstoff im Tank angeboten werden.

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Dirk Kunde

Elektroautos, Brennstoffzellen, stationäre Speicherbatterien, V2G, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren – die spannendsten Entwicklungen passieren im Bereich Mobilität. Darum geht es in meinen Artikeln und Videos. Als Journalist bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen für Mobilität von Morgen.

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